Manu Chao – Proxima Estacion: Esperanza
Als die Kurse noch nicht im Keller und die Dotcom-Gewinnler noch obenauf waren, gehörte zum Tanz auf dem Vulkan auch ein charmanter Ohrwurm, den eigentlich der Klassenfeind geschickt hatte. Manu Chaos „Bongo Bong“ belegte die Binse, dass ein Künstler sich die, die seine Lieder singen, eben nicht aussuchen kann, so diese erst mal in der Verwertungsmaschinerie rotieren und zudem noch mit einem hübschen Video aufwarten. Dem schon mit Mano Negra zu Albumverkäufen in Millionenhöhe gekommenen Vagabunden, der neuerdings in Barcelona ein klein bisschen sesshaft geworden ist, dürfte es wenig gekümmert haben, dass die sozialkritischen Anflüge des Vorgängers „Clandestino“ vorm Laptop verpufften. Wer predigt schon gern nur zu den bereits Bekehrten?
Die nächste Station ist jetzt also, nein, nicht finale Sehnsucht, sondern das Prinzip Hoffnung, denn, so der große Dialektiker, „wir sind trotz allem ohne Hoffnung und rennen am Ende doch nur mit dem Kopf gegen die Wand“. Das tut er 17-mal mit hörbarem Vergnügen und jeder Menge Flausen im Kopf. Und die gute alte Hoffnung ist bei Manu Chao vor allern eines: bunt! bunt! bunt! Dass er gern Radioschnippsel sampelt, passt dazu wunderbar. Denn das Album klingt über weite Strecken, als brauchte man nur kurz mal am Senderknopf zu drehen, um die nächste musikalische Farbe, das nächste Sound-DetaiL den nächsten Beat auf der Frequenz scharfzustellen.
„Proxima Estacton: Esperanza“ hat den Swing („Trapped By Love“) und den Groove von 1001 Karibikinsel und bleibt doch nicht in spekulativer Club-Med-Anmache hängen. Dazu singt Manu Chao Französisch, Portugiesisch, Arabisch, Englisch, Spanisch und gar Portunol, ein Kauderwelsch aus der spanisch-portugiesischen Grenzregion. Und ist sich auch nicht zu schade, im trunkenen Marley-Tribute „Mr. Bobby“ und in der Brasil-Hommage „Homens“ jenen Signal-Ton zu recyceln, der mit „Bongo Bong“ die Massen in Schwingungen versetzte. Da horcht sogar die gebeutelte New Economy nochmal auf. Sollte sie auch.