Maria McKee – Live Is Sweet

Punk-Rock war nur ein Ablenkungsmanöver. Wieder mal. Wären Lone Justice nicht dazwischengekommen, sagt Maria McKee eine gute Dekade danach, wäre sie wohl eher auf der Julliard-Music-School und bei Stephen Soundheim gelandet. Das, was nach Lone Justice kam, erklärt sie jetzt kategorisch zu mal mehr, mal minder gelungenen Verlegenheitslösungen, geboren aus der Not einer unentschlossenen Künstlerin, die sich von außen leiten ließ, statt selbstbewußt der inneren Stimme zu vertrauen. „What I wanted wasn’t really what I wanted“ („Tm Not Listening“). Wer weiß: Wäre nicht dieser schreckliche Hit („Show Me Heaven“) dazwischengekommen, vielleicht könnten wir die McKee heute als Touristen-Attraktion in Dublins Pubs betrauern.

So hat sich alles doch noch zum Guten gewendet. Will heißen: „Life Is Sweet“ klingt ziemlich anders als fast alles, was Maria McKee bisher zustande brachte, erst recht, nachdem der Vorgänger „You Gotta Sin To Get Saved“ 1993 noch einmal die „Roots“ aus Soul’n’Gospel-Country beschworen hatte, die dann doch keine bzw. die falschen gewesen sein sollen. John Cale, „Ziggy Stardust“, Scott Walker und die Band ihres Bruders Bryan – Arthur Lee’s Love – heißen jetzt ihre Koordinaten auf dem Weg zum erklärten Ziel „Post-Punk Edith Piaf“ (McKee). Das ist theatralisch, das ist dramatisch, das ist Pop. Meistens. Und meistens gut. Wenn auch zum ganz großen Wurf der letzte kompositorische Atem fehlt.

Harsche, nackte Gitarren schwingen sich immer wieder mit Macht empor, um in schwelgerischen Refrains von üppig ausgerollten Streicher-Teppichen aufgefangen zu werden. Darüber schwebt der Geist von Mick Ronson selig wie ein undurchdringliches Schutzschild aus dem Jenseits. Das veränderte musikaiische Koordinatensystem gewährt McKee auch neue Einsichten als Sängerin. „I’m Not Listening“, keift sie atemlos all den Einflüsterungen entgegen, die sie zuvor lähmten. Das Liebliche ist neuer Schärfe gewichen, auch einer Abgeklärtheit, die etwa die Suche nach einem Schutzengel („Smarter“) ironisch bricht.

Nach all den prallen Bildern um hautnahe Fetische („Scarlover“), emotionale Sucht („Human“) und sexuelle Nirwanas („This Perfect Dress“, „Awake“) gestattet sich Maria McKee im Titelsong zum guten Schluß sogar noch eine Prise social touch. „Also iß Dein Frühstück, lese ein Buch, öffne Dein Fenster“, empfiehlt sie dem frisch gescheiterten Lover in der herrlich lakonischen Außenseiter-Hymne. Und: „Be Alone…“ Manchmal bleibt nichts mehr zu tun. Aber tun muß man es schon.

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