MARILYN MANSON – Mechanical AnimaIs :: INTERSCOPE/UNIVERSAL

Ha! Das Biest ist gezähmt! Doch halt: Der erste Eindruck täuscht. Das vierte Marilyn Manson-Album ist zwar das nach außen hin am harmlosesten wirkende Werk des amerikanischen Rock’n’Rollers, doch daraus sollte man keine voreiligen Schlüsse ziehen. Die giftige Botschaft ist nur einfach weiter nach innen gesickert und verteilt ihre fauligen Düfte jetzt subkutan: Wir, die wir zu früh jubelten, haben uns geirrt: Nicht „Antichrist Superstar“ war das Meisterwerk Mansons, „Mechanical Anhnals“ ist es, diesmal definitiv.

Warum? Wenn „Antichrist Superstar“ Wut und Haß einer von Kindheitstraumata geplagten Kreatur namens Brian Warner (Manson) auf rein plakative Art und Weise widerspiegelte, so führt uns „Mechanical Animals“ in die Tiefen seiner Psychosen. Manson, der mit seinem letzten Werk nach eigener Aussage eine Art Katharsis druchlebte, ist jetzt anscheinend wieder in der Lage, Gefühle und Emotionen zu spüren. Dementsprechend melodiös präsentiert sich das gesamte neue Album im krassen Gegensatz zu den dissonanten Lärmorgien seines Vorgängers.

Wo vormals Trent Reznor über den Sound wachte, durfte nun Michael Beinhorn co-produzieren, der bereits Soundgardens „Superunknown“ feinschliff und unlängst für den „satten“ Klang von Holes „Celebrity Skin“ verantwortlich zeichnete. „Satt“ ist ein Wort, das für „Mechanical Animals“ gut paßt. Der innerlich wie äußerlich regenerierte Manson wechselte auch geographisch den Standort. Das saturierte Hollywood dient ihm nun als Residenz. Der Hort der Dekadenz, wo der androgyne Chic des neuen Covers besser aussieht als die besudelten Damenkorsette und Beinprothesen der Vergangenheit.

Die mechanischen Tiere sind aber nicht er und seine schrille Bande von Kollaborateuren, sondern: wir, konsumsüchtige, hedonistisch-egozentrische Würmer, die über diese unsere Erde kriechen und sich an „The Dope Show“ laben. Dabei fühlen wir uns wunderbar „Dissasociative“ und tun alles, damit wir nicht den „Speed Of Pain“ fühlen, der uns aus unserer „Great Big White World“ reißen könnte, unserem „Coma White“ the gpspelaccordingto Marilyn Manson. Düster, depressiv und zutiefst erschüttert vom inkommunikativen Nebeneinander seiner Mitmenschen, entwirft Manson die eindringlichsten Bilder seines bisherigen Schaffens. Erstaunlich: Dazu mußte er nur kurz die eigene Nabelschau vernachlässigen, um sich in Ruhe den ganzen Rest anzusehen.

Das Ergebnis ist bestechend. Zumal die musikalische Seite des Albums nichts zu wünschen übrig läßt. Galten bisher Goth und Poser-Metal als Haupteinflüsse im Mansonschen Kosmos, so führt er uns nun mit leichter Hand vor, wie weit zurück seine Wuzeln wirklich reichen: Unter den prunkvoll glänzenden Arrangements der vollfetten neuen Songs verbringen alte Helden wie Marc Bolan und David Bowie ihre zweite Jugend. Auch The Cure und Bauhaus kommen nicht zu kurz. Deren Spuren fuhren zurück zum originären Marilyn Manson-Sound des „Portrait Of An American Family“-Albums. So schließt sich der Kreis.

Und zwar in jeder Hinsicht. Denn der Bannfluch, den etwa die „Christian Coalition“ in den USA über Manson verhängt hat, kommt ihm gerade recht.

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