Martha Wainwright – I Know You’re Married But l’ve Got Feelings Too :: Faszinierende Bekenntnisse einer Unerschrockenen
Fällt dieser Apfel vielleicht doch nicht so weit…na, Sie wissen schon. Nicht soweit, wie es der Apfel vielleicht selbst gern hätte: Der Titel ihres zweites Albums, den Martha Wainwright dem ersten Song „Bleeding All Over You“ entnommen hat, lässt zumindest auf eine Form von Humor schließen, die voll familienkompatibel ist, bis hin zum Erzeuger. Und das ausgerechnet, da sich diese Wainwright jetzt endlich frei wähnt von vermeintlichem Nepotismus, der ihr so lange die Sinne vernebelte. Wie singt sie später in „Jimi“ reumütig leise? „Sometimes I feel like my dad, for leaving her sad and lonely in this big house…“
Auf den Spuren des Debüts startet sie mit „Bleeding…“ und „You Cheated Me“, Bekennerhaftes wieder mit fast frivoler Attitüde versetzt. Dann erst bahnt sich Martha Wainwright langsam den Weg zum dunklen Herzen von „I Know Tou’re Married…“. Die heikle Streicher-Elegie „Tower Song“ wartet dort, das schlicht ergreifende Ticket zur „Hearts Club Band“ der einsam Blutenden, die traurige, doch versöhnliche no pain, no gain-Rhetorik von „So Many Friends“ (mit Donald Fagen!), nicht zuletzt das düsterdrängende „In The Middle Of The Night“ (mit Bruder Rufus), thematisch ein naher Verwandter von Rosanne Cashs Requiem „Black Cadillac“ mit ähnlichem Ursprung, der Krebs von Mama Kate McGarrigle. Mit der sie das einzige Cover hier auch schon bei einem Syd-Barrett-Tribute sang: „See Emily Play“.
Wainwright spielt am liebsten mit ihrer Stimme. Hören Sie nur „I Wish I Were“. Ja, es ist manchmal anstrengend, aber auch sehr faszinierend, dabei zuzuhören, wie sie sich freischwimmt. Theatralisch, keck, naiv wider besseren Wissens, tough auch gegen sich, immer unerschrocken und dabei hin und wieder fast erschrocken über sich selbst. Etwas zur Ruhe kommt sie erst am „Niger River“.
Aktueller Lieblingsmoment: Dieses kleine, unwiderstehliche „Ah!“ in „Hearts Club Land“, bevor sich die Gitarre kurz ein Solo nehmen darf.
