Martina Topley Bird :: Some Place Simple

Radikal reduzierte Songs der britischen Diva mit der Kratzstimme

Flüchtige Küsse, an die man sich lebenslang erinnert. Eine Diva, ungeschminkt. Das dritte Soloalbum der Kratzstimme von Trickys „Maxinquaye“ ist ein Songbook der etwas anderen Art und eine Abkehr vom Trip-Hop-Blues der Alben „Quixotic“ und „The Blue God“ – auch wenn wir hier viele Tracks wiedertreffen. Auf Anraten von Damon Albarn, der sie im Vorprogramm ihres derzeitigen Brötchengebers Massive Attack erlebte, hat Martina Topley Bird, das fehlende Glied zwischen PJ Harvey und Ella Fitzgerald, diese radikal bearbeitet, reduziert und live in seinem Studio 13 eingespielt.

In der Neuaufnahme von „Baby Blue“ beispielsweise kombiniert sie Ukulele, Glockenspiel und Tamburin. Oft reicht ihr nur das E-Piano als Begleitung, und ohne erdrückende Produktion von Danger Mouse steht ihr Yma Sumac meist näher als Beth Gibbons. Die zwei besten der insgesamt vier brandneuen Stücke könnten unterschiedlicher nicht sein: Die düster vor sich hin groovenden „Orchids“ entpuppen sich als fleischfressende Nachtschattengewächse, „All Day“ erinnert an 30er-Jahre-Swing und Carmel. Ansonsten wählte die Sängerin aus Shepherd’s Bush für „Some Place Simple“ Songs aus, die für sie ohnehin speziell waren: Songs, die in einer halben Stunde geschrieben wurden, mit Kater im Kopf oder der Tochter auf dem Schoß. Songs, die von den Twilight Singers gecovert wurden. Songs mit nur drei Akkorden. Skizzen, Mantren, Lullabys, „dadadas“, selten wird die Drei-Minuten-Grenze erreicht. Nur in Ausnahmefällen wünscht man sich wieder mehr: Die dann dritte, mit Streichern angereicherte Version von „Ilyah“ im Stile von Dusty Springfield, die Martina Topley Bird vorschwebt, würden wir gerne irgendwann einmal hören. (Honest Jons/Indigo) Frank Lähnemann

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