Mary Gauthier – Drag Queens In Limousines
Was soll danach noch kommen? Sie hat ihr Herzblut ausgeschüttet, ihre Lebensgeschichte erzählt, ihren Gospel gesungen. Dies ist der Soundtrack der bösen, gruseligen Wirklichkeit, hautnah zum Mitsummen. Dies sind haarsträubende bis lapidare Anekdoten aus der Welt hinterm Glamour, und sie klingen erstaunlich angenehm, fast schmusig.
Doch die Texte! Ein Mädchen, das der Mama mit 15 ihr Auto klaut, um in den Sonnenuntergang einer Drogenwelt mit völlig falschen Freunden zu entschwinden. Eine verlorene Tochter, die sich heute zu Recht wundert, überhaupt noch zu leben (mit 38). Natürlich könnte Mary Gauthier diese Stories mit Leichtigkeit als poetische Welt des Boheme-Untergrunds verkaufen. Aber was ist schon romantisch, wenn eine junge Frau verkündet: „Fische schwimmen, Vögel fliegen, Papas schreien, Mamas weinen, und ich trinke.“ Gar nicht lustig. Und nichts Poetisches, wenn die eigene Mama am Geburtstag feststellt: „Ach Mädchen, ist einfach nur schön, seit zehn Jahren ohne Krebs zu leben. Ein Leben ist doch nichts – a lifetime ain’t no time at all.“
Mary Gauthier spielt todtraurigen Country-Blues mit engelsgleicher Süße. Der Blues der Randexistenzen als Erinnerung ans echte Leben, als Fanal für die Menschlichkeit jenseits von Werbung, Sozialkunde und politischem Zynismus. Lakonisch, ohne Belehrung, erschütternd.