Mavis Staples – We’ll Never Turn Back

Es gibt Menschen, die halten Mavis Staples für eine der größten überhaupt im Pantheon der großen Soul-Stimmen. „We’ll Never Turn Back,“ ist keine 25 Sekunden alt, da ist schon klar, warum sie das tun (den Autor eingeschlossen). Der Song ist „Down In Mississippi“, der Blues-Standard von J.B. Lenoir, und kaum hebt diese Frau an, mit dieser rohen Zärtlichkeit, die immer noch ihresgleichen sucht, meint man, wirklich da unten zu sein, in Mississippi. Man sitzt mit Mavis am großen, dreckigen Fluß oder vor einem zerfallenen Blues-Joint oder an einer desolaten Ausfall-Straße ins große Nirgendwo, und die Stimme sagt: Alles wird gut, auch wenn’s jetzt vielleicht grad ziemlich schlecht ist. Und mit jeder Silbe, mit jedem Refrain wächst die frohe Ahnung, dass Mavis Staples im Spätherbst ihrer doch lange unterbelichteten Karriere doch noch einmal die großen Sterne sehen durfte. Und das wir ihr jetzt dabei zuhören dürfen.

Aus dieser Ahnung wird bald Gewissheit. Wobei sich Ry Cooder als Produzent, Co-Autor, Songlieferant, Gitarrist, Ideengeber als ähnlicher Glücksfall für Staples entpuppt, wie es Joe Henry für Solomon Burke und „Don’t Give Up On Me“ war (auf demselben Label übrigens). Er holt sie dort ab, wo sie herkam – aus der Kirche, aus dem Aufbruch der Bürgerrechtsbewegung der frühen 1960er, als die Staple Singers zum guten Ton auf den Versammlungen von Martin Luther King gehörten – und führt sie einfach ein Stück weiter die Straße runter, und ermutigt sie dabei auch mal einen Blick in die Gräben links und rechts zu werfen. Schon ziemlich famos, wie sie das altgediente Macho-Schlachtross „99 1/2“, das sogar schon eher eindimensionale Kapellen wie Dr. Feelgood sattelten, zu einem aktuell-politischen Zeichen an der Wand umdeutet und dabei von Cooders Gitarre mal eben mit Verve nach Afrika entführt wird.

Mit ähnlichen Stilmitteln – so sparsam wie effektiv – arbeitet Cooder auch in seinem Gospel-Singalong „l’ll Be Rested“. Den Titelsong haben Ry Cooder und Mavis Staples gemeinsam geschrieben. Es ist eine Lektion in Sachen Würde und Stolz, die nicht schreien muss, um gehört zu werden. Es geht ums Aushalten und Durchhalten, um Glaube, Liebe, Hoffnung, aber nie um Nostalgie. Zuguterletzt ist hier noch Jesus Is On The Main Line“ – den hat Cooder in eigener Sache ja auch schon zweimal am Apparat gehabt (auf „Paradise & Lunch“ und live auf „Chicken Skin Revue“). Aber wenn eine Stimme wie Mavis Staples antwortet, verträgt so ein Traditional auch noch die dritte Version.

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