Maximo Park – Our Earthly Pleasures

Hatte die Band Maximo Park beim ersten Mal überhaupt einen Keyboarder? Aus der Erinnerung heraus würde ich Nein sagen – obwohl sie natürlich einen hatten, Lukas heißt er -, und vielleicht passiert mir das nur, weil der Keyboarder, Pianist oder Flügelspieler beim zweiten Mal derart wichtig und unvergesslich ist, im Vergleich. Das Stück „Russian Literature“ repräsentiert zwar nicht die Gesamtheit dieser wahnsinnig schön zu hörenden Platte, aber es ist die Nachricht des Tages: Die Klavierhand macht dang-dang-dang, die Band nagelt ihre Breaks so fest wie eine Truppe amerikanischer Session-Checker, die Melodie ist universell groß, und Maximo Park klingen wie Billy Joel. Oder Toto. Nur damit keiner Angst kriegt.

Es kann ja kein Zufall sein, dass praktisch alle Gestalten der britischen Gitarren-Hochhüpt-Neu-Welle von 2005 jetzt ihre Nachfolge-Platten herausbringen. Und so sehr es damals noch in der Frage hin- und herging, wer die besten des Packs seien, so deutlich sind Maximo Park die Gewinner der zweiten Runde: Das Stürmisch-Drahtige, Sprinttaugliche, allzeit Zitierfähige ihres ersten Albums erreichen sie freilich nicht mehr, aber die zwölf neuen Stücke sind auf ihre Art souverän, einleuchtend und eingängig, kategorisch liebenswert. Die Band leidet weder unter Schreibblockade noch unter unrealistischem Ehrgeiz, und dass „Our Earthly Pleasures“ vor allem glasierter Ear-Candy ist, der niemanden groß weiterbringen wird, haken wir mal nach einem Blick auf die Kalorientabelle ab. Mit Gang Of Four wird ihnen jedenfalls keiner mehr kommen. Es klingt mehr wie ungewohnt schnelle Spätsiebziger-Autofahrer-Musik oder mehrstimmig dramatische Spülstein-Romanzen oder – „A Fortnight’s Time“ – wie „Ich steh auf Berlin“ von Ideal. Früher konnte man Sänger Paul Smith auch für einen schmierhaarigen Freizeitpark-Schwerenöter halten, auf dieser Platte wird er einem doch zum wahren Freund, mit seinen unrasierten Lebensweisheiten, dem runtergespielten Newcastle-Dialekt, dem Umsonst-Gewarte auf Frauen und der ernst gemeinten Frage „Did we go too far? Is that why your nose is bleeding?“, schwungvoll und brillant gespielt von dieser trefflichen (oder auch: vorzüglichen) Gitarren-Piano-Popgruppe.

Man kann sich praktisch alles leisten, jedes Pathos und jeden Gag, wenn man so gut im Understatement ist wie Maximo Park.

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