Medeski. Martin & Wood – The Dropper
M it unerschütterlichem Mut treten sie zur Eroberung des neuen Jahrtausends an, die Musketiere des Hammond-Grunge-Funkjazz. Gleich mit dem ersten Track von „The Dropper“ jagen sie potenzielle Hörer aus der gemäßigten Drum’n’Bass Ecke in die Flucht – samt den Jazz-Fans: fauchende Orgel, Getrommel wie aus der Maschinenhalle. Nach gut zweieinhalb Minuten wird die wilde Nummer etwas Rock-kompatibler, klingt aber trotzdem mächtig durchgeknallt. Noch nie haben Medeski & Co. mit so vielen abenteuerlichen Sounds 8C Noises gearbeitet. Mal klingt der E-Bass wie besoffen, dann entführt Mellotroniges in Psychedelic-Sphären. Der Sun Ra-Mitstreiter Marshall Allen trötet als Saxofon-Gast, Billy Martin setzt beim Athmobetonten „IUinization“ auf Paukenschläge, so klassisch wie die Streicher fürs fast schon introvertierte „Norah 6“. Vergleichsweise normal wirken drei Songs mit Marc Ribot an der Gitarre zwischen all den Gruft-Grooves und anderen im weitesten Sinne tanzbaren Funk-Verrückheiten.
Dass es MMW gelingt, bei aller Spinnerei bodenständig zu bleiben und bei allem Draufgängertum geheimnisvoll, zeichnet „The Dropper“ als wahren Geniestreich aus: einerseits vor Ideen strotzende Avantgarde, die sich nicht groß um die Aufnahmebereitschaft des Publikums schert (ausgerechnet der dissonant-brachiale Einstieg hat das größte Verprellpozential); andererseits kultverdächtige Groove-Kultur, die dem Dreigestirn wie bisher Auftritte mit Bands wie A Tribe Called Quest und Koproduzenten wie in diesem Fall Scotty Hard (Wu-Tang Clan) einbringen dürfte. Iggy Pop hat sie unlängst sogar ins Studio gebeten. Für weitere Zusammenarbeit mit dem Jazz-Gitarristen John Scofield allerdings dürften die aktuellen Tendenzen der New Yorker derzeit zu crazy ausfallen, aber das hat sich schon mit der im gleichnamigen Club eingespielten Vorgänger-CD „Tonic“ abgezeichnet, einer rein akustischen Improvisationsorgie der rundum überraschenden Art.