Michael Hall & The Woodpeckers :: Dead By Dinner

Erfreuliches Spätwerk des zu Unrecht ignorierten Songschreibers

Chicago konnte ihn nicht halten, der Horizonte zum Trotz, die sich da auf dem letzten Album „Day“ (1996) zwischen Neo-Country und Post-Rock noch zaghaft manifestierten. Michael Hall ist – mit Zwischenstopp in Portland – nach Austin, Texas zurückgekehrt. Nicht nur das: „Dead By Dinner“ markiert auch die Rückkehr zu der musikalischen Scholle.

Kein Zufall, dass gleich zum Auftakt eine Kuhglocke ungeduldig bimmelt, dass mit Randy Franklin wieder der Gitarrist aus gemeinsamen Wild Seeds-Tagen frech aufspielt, dass die Woodpeckers einen Credit schon in der Titelzeile haben, dass bereits im ersten Song „High Fidelity“ schön grüßen lässt „He sings along with Hey Jude, I can’t believe you touched him“, singt Hall gebremst-empört. Und bricht seine romantische Verzweiflung dann ironisch in traumatischem Tumult.

Nein, „Dead By Dinner“ ist kein Songwriter-Album, sondern eher das Album einer soliden Rockband mit Pop-Appeal und einem überdurchschnittlichen Songwriter. Der sorgt schon dafür, dass die wiederentdeckte Lust am Geraden und Eingängigen, die auch in klassischen (Country-) Songtiteln („If You Knew How Much I Wanted You“) zum Ausdruck kommt, nicht auf Kosten der Finesse geht.

Zumal es Hall als Texter immer noch vorzüglich versteht, einen in ganzen zwei Zeilen abrupt auf dem falschen Fuß zu erwischen. „Sometimes I’m amazed at the certainty, the people I love hate themselves“, heißt es etwa im ratlosen „Worthless“. Oder: „Memorize the morning (…) you’ll be dead by dinner“ („How To Be Strong“). Und die praktische Lebenshilfe in „Truly“ könnte auch Richard Thompson empfehlen: „Break a lot of hearts and drink a lot of gin. And don’t be afraid to be a human being.“

Mehr Muffensausen sollte den „Angel“ befallen, der bei dem vermeintlich hilfsbereiten Southerner eine böse Überraschung (nicht mehr) erlebt. Hall hält den Song, musikalisch eine Dream Syndicate-Hommage, ganz im unterschwellig bedrohlichen conrersational style – wohl seine schärfste Typstudie diesmal. Und von der dunkel-beschwörenden Ode an die „River Road“ ist’s dann nur noch einen Steinwurf bis zur nächsten Ecke, wo Harry Smith schon gewartet hat. Das Traditional „I Wish I Was A Mole In The Ground“ ist Halls zweiter Versuch auf der Langstrecke – und in seiner Einfachheit doch viel überzeugender als 1995 sein überambitioniertes „Frank Slade’s 29th Dream“. Maulwurfshügel sind halt unsterblich.

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