Micky Reincke :: Hatte ich dich nicht gebeten im Auto zu warten
Erhebender, poetischer Soul-Pop vom Hamburger Frauenflüsterer
Es ist keine Beleidigung, wenn man behauptet, dass Michy Reincke die reine Frauenmusik macht – was ja nicht heißt, dass er die Frauen versteht. Bei der Kritik hatte er seit den Tagen von Felix De Luxe keine Chance, denn Rock-Kritik wird fast immer von Männern geschrieben, und Reincke ist ein ausgesprochener Hamburger, hat sein eigenes Label Rintintin Musik und liefert außerdem Songs für seinen Freund Stefan Gwildis, einen anderen Hamburger und Frauentyp. Michy Reincke nennt seine Lieder „Gib alles oder vergiss es“ und „Sie begegnete mir auf die gleiche Art wie der Blitz in einen Baum einschlägt“ – da bleiben natürlich nicht viele Möglichkeiten offen. Es gibt wenig Ironie in diesen Liedern. Reincke fällt mit der Tür ins Haus.
Aber natürlich gibt es keine Ironie im Soul, und Reincke ist ein Sensualist und Poet, der mit nasaler Stimme die unwahrscheinlichsten Texte hinbiegt (und nie ein Komma setzt), ein Melodienmagier, dessen vorzügliche Band die Gefühligkeiten mit Bläsern, Cello und Chören nachvollzieht: „Steh auf und scheine“ und „Malie, komm tanzen“ verführen dazu, alles andere sofort hinzuwerfen, und „Deine Augen genügen“ und „Du weißt, wie sehr“ gehören zu diesen zartbitteren Balladen, die ihre Suggestionskraft nicht verbergen. Wenige deutsche Platten sind so brillant wie Reinckes „Palais Salaam“ vor drei Jahren, auf der er wunderbare Stücke wie „Nächte übers Eis“ noch einmal verfeinerte. „Hatte ich dich nicht gebeten …“ ist eine funkelnde, euphorische Ermutigungsplatte – und hey, Männer hören sie heimlich.