Mika :: The Boy Who Knew Too Much
Gar nicht seichte Popsongs, so überkandidelt wie vielschichtig Man braucht nur ein paar Minuten, dann ist man wieder mittendrin – in der wunderbaren Welt des Mika, in der alles farbenfroh, waghalsig und überkandidelt ist. Mag sein, dass er auf dieser Platte in die Tiefe steigt und Persönliches offenbart, doch darum kümmern wir uns später. Zuerst hören wir einen Musiker, der um jeden Preis nachstellen will, was ihn an Musik glücklich macht. In „We Are Golden“, ein himmelweites, bühnenreifes Bekenntnis zum Anderssein, klingen Abba durch, danach kommen Lieder aus der Rollschuhdisko, jede Menge show tunes, Eighties-Elektropop und Seventies-Pomp, Musical-Arrangements, Queen-Chöre, George Michael und queer pop.
Mika ist das Lollipop-Gegenstück zu Rufus Wainwright, doch seine Konfetti-Parade und Choreografie-Musik ist nicht seicht. Zum Beispiel gut: die große Piano-Ballade „I See You“, das zerbrechlich-kunstvolle „By The Time“, die Fingerschnipp-Hvmne „Dr. John“ und das unwiderstehliche „Blame It On The Girls“, das stark genug ist, Mika im Alleingang wieder zu everybody’s darling zu machen.
Der zum Popstar mutierte Sonderling Mika zapft in diesen Liedern das eigene Leben als Inspirationsquelle an, legt inwendige Befindlichkeit offen undhasst auch schon mal den Tag. Diese Preisgabe unterlegt „The Boy Who Knew Too Much“ mit einer gar nicht ungefähren Ernsthaftigkeit, die dem Album im Vergleich zum Debüt einiges an Gravität beibringt. Deshalb – und wegen Mikas unbedingtem Willen zur eigenen Musik, zum eigenen Ausdruck – schätzt man diese Lieder, lässt sich mitreißen von dem Jetzt-erst-recht-Jubel und dem buchstäblich bunten Strauß aus Melodien. Auch wenn man sonst weder Falsettsänger leiden noch mit dieser Art der blitzsauberen Synthie-Pop-Oberfläche etwas anfangen kann.