MIKE WATT – CONTEMPLATING THE ENGINE ROOM :: Columbia/Sony

Konzeptrockwahn! Nichts Geringeres als eine Punkrock-Oper über das Leben im Maschinenraum wollte Mike Watt mit seinem neuen Album inszenieren, eine Rokky Horror Navy Show, sozusagen. Das paßt zu diesem kolossalen Bassisten, der seit nun beinahe zwei Jahrzehnten leichthändig an allen Klischees vorbeimusiziert, dann aber doch immer wieder die große narrative Klammer sucht, die alles zusammenhält Stets schlägt er einer Geschichte die Bresche durchs musikalische Dikkicht. Auf „Contetnplating The Engine Room“ ist das jene seinem Dad, der als Maschinist bei der U.S. Navy gedient hat, und natürlich ist das auch ein bißchen Watts eigene. Die Vorgänge in einer Band, sagt sich der Mann, sind ja schließlich ähnlich wie die in einem Maschinenraum. Wenn in den richtigen Momenten der richtige Hebel umgelegt wird, kann es nämlich ganz mächtig dampfen. Immer geht es darum, Dy-namiken zu erzeugen. Mit den Minutemen und fIREHOSE, zwei extrem eingespielten Dreier-Formationen, bewies Mike Watt in den Achtzigern, welche komplexen Kraftfelder in einer Musik schlummern können, die wir allein aus Trägheit immer noch Rock nennen.

Vom Trio zu einer halben Hundertschaft: Auf seinem Solo-Album „Ball-Hog Or Tugboat?“ ließ der stattliche Musiker dann knapp 50 Prominente aus dem amerikanischen Alternative-Rock-Circuit zu einer sprichwörtlichen Leistungsschau antreten. Der Lemonheads-Chef Evan Dando nahm es mit Mike D. von den Beastie Boys auf, Henry Rollins mit Steve Shelley von Sonic Youth undsoweiterundsofort. Der niemals um Analogien verlegene Kalifornier betrachtete die Angelegenheit als ein Wrestling-Match.

Von der Matte zurück in den Maschinenraum: Für „Contemplating The Engine Room “ arbeitet Watt wieder im Trio-Format. Oh, wie feinsinnig und freigeistig er und seine Kollegen Nels Cline und Steve Hodges ihre Instrumente handhaben! Am Anfang und am Ende steht eine kontemplative Baß-Schlaufe, dazwischen passiert so ziemlich alles, was man mit Schlagzeug, Gitarre und Baß so anstellen kann. Gleichsam im freien Fall werden die fetten Riffs des Rock mit der vertrackten Akkordik des Jazz verhandelt. Und die Wellen rauschen, und die Turbinen rasseln, und manchmal muht aus wenig nachvollziehbaren Gründen eine Kuh, während Mike Watt die melodische Führung übernimmt.

Denn der Bassist, klar, und zumal Kapitän Mike Watt, ist auch im Maschinenraum der Boss.

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