Missy Elliott – The Cookbook

Die meisten Künstler bleiben dem Rezept treu, das ihnen schon einmal Erfolg beschert hat. Bei Missy Elliott ist das etwas komplizierter. Das Markenzeichen der Rapperin, Sängerin, Songwriterin und Produzentin ist das Unvorhersehbare – der brutzelnd heiße neue Sound, die vertracktesten Beats und das unglaublichste Video. Songs wie „Get UR Freak On“ oder „Work It“ eroberten die höchsten Höhen der Charts und klangen dennoch stets innovativer als die Tracks der Underground-Produzenten, die dem Treiben von Missy und ihrem Jugendfreund Timbaland staunend zuschauten – und dann klauten, was ging. Mit „This Is Not A Test“ wurde es 2003 allerdings schwieriger, es war das erste Album der kleinen Dicken, das kein Platin erhielt. Auch die Kritiker fingen plötzlich an zu mosern. „The Cookbook“ hat also nun die Aufgabe, den Thron der HipHop-Queen wieder blank zu polieren.

Was zuerst auffällt: Timbaland, mit dem Missy seit 15 Jahren zusammen arbeitet, hat gerade mal zwei Stücke produziert. Dafür setzen die unvermeidlichen Neptunes einen echten Höhepunkt: „On and On“ besteht vor allem aus einem Magengeschwüre zertrümmernden Über-Bass, glucksenden Soundeffekten und dem kräftigen Old-School-Rap der Heldin. „Loose Control“ mit Teeniestar Ciara und Fatman Scoop basiert auf einem Sample des Detroit-Techno-Projekts Cybotron. ein hinreißender Tanz mit der Menschmaschine.

Bei „irrestistible Delicous“ gibt sich der alte Gangster Slick Rick die Ehre eines Duetts, doch mit seinen Klischee-Scratches kommt das Stück nicht so recht von der Stelle. „My Struggles“ ist da schon packender, nicht nur wegen der Gäste Mary J. Blige und Grand Puba. Der Song erzählt von den Mißhandlungen, die Missys Mutter von ihrem Mann ertragen mußte. Sehr ungewöhnlich für eine Künstlerin, die normalerweise wenig bis nichts über ihr Privatleben verrät.

Insgesamt ist „The Cookbook“ wohl das bisher konventionellste Missy-Elliott-Album, es fehlt auch ein wenig die Stringenz und das Zukunftsweisende des Meisterwerks „So Addictive“. Daß diese Platte trotzdem noch genug Leckereien enthält, kann man sich denken: so ist „4 My Man“ vermutlich der erste Rap-Song mit Harfenbegleitung. Mit der seit den letzten beiden Alben zunehmenden Old-School-Verklärung sollte unsere Freundin allerdings ein wenig aufpassen.

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