Morrissey :: Maladjusted
Das nun umgebaute Rache-Album von 1997, auf dem der Dichter vor Wut schäumt
Nach Spanien hatte er sich zurückgezogen, wo ihm Hundehaltung und Stierkampf nicht behagen konnten, und dann nach Los Angeles, wo er die Sonne, die Landschaft, die Läden, das Lebensgefühl und vor allem die Menschen gefürchtet haben müsste. Bei der Gelegenheit führte Morrissey ein Gespräch mit der von ihm bewunderten Joni Mitchell, die ähnlich rigoros und unversöhnlich ihren Weg geht wie der britische Feuerkopf. „Maladjusted“ erschien 1997 überraschend – ohne Mediengelärme, ohne Einlassungen des Künstlers – auf Mercury, einem weiteren Traditions-Label im Trophäenschrank Morrisseys. Mit dem Zusammenbruch der Universal-Gruppe war dann der Vertrag des berühmten Klienten hinfällig, woraufhin Morrissey in ein langes Schweigen fiel.
Ein Zitat von Anthony Newley steht dem Album als Motto voran: „On this glorious occasion, of the splendid defeat.“ In London hatte er den Prozess gegen Mike Joyce und Andy Rourke verloren, die Musiker bei den Smiths, denen immerhin eine Million Pfund an Tantiemen für ihre Beiträge zu den Songs (die ausschließlich Johnny Marr und Morrissey geschrieben hatten) zugesprochen wurden. Dem Vorsitzenden Richter, der ihn als uneinsichtig und unvernünftig abqualifiziert hatte, verfolgt Morrissey in dem Stück „Sorrow Will Come In The End“: „Lawyer… liar.“ Dieses Stück wurde in Großbritannien als übertrieben empfunden, zählt aber zu den stupendesten Racheliedern des Sängers. „A man who slits throats/ Has time on his hands/ And I’m gonna get you/ So don’t close your eyes.“ Zwar blieb die Drohung folgenlos, aber deshalb ist es ja Poesie, und deshalb wandelte der Dichter seine Niederlage in einen Triumph um.
In seinen „Maladjusted Diaries“ zur modifizierten Neuauflage erinnert Morrissey sich daran, dass Joe Strummer die Platte produzieren sollte, wozu es dann doch nicht kam. Wieder einmal musste er den verlässlichen Steve Lillywhite anrufen, der ohne Fisimatenten die vorzüglichen Songs von Martyn „Boz“ Boorer und Alain Whyte umsetzte. „Ambitious Outsiders“ wollte Morrissey das Album zunächst nennen – das gleichnamige Lied stand früher an dritter, steht jetzt an zweiter Stelle -, doch „Maladjusted“ (das Stück eröffnet dröhnend, zerhackt, fiepend und bedrohlich die Platte) passt noch besser. „Outsiders“ gehört gleichwohl zu den gelungensten Mozzer-Songs: Der Abstinente hält hier den Gebärenden vor, dass sie die Population vergrößern und er Steuern für ihre Blagen zahlt. Charmant. Auch „Trouble Loves Me“ und „Wide To Receive“, „Satan Rejected My Soul“, „Alma Matters“, „Ammunition“ und „He Cried“ sind verblieben. Der Autor trennte sich vom schön schwülstigen „Papa Jack“ und vom komischen „Roy’s Keen“ – betitelt nach dem Fußballspieler Roy Keane, der hier als Fensterputzer auftritt: „We’ve never seen a keener window-cleaner.“ Heute erscheint das Morrissey doch als zu albern. Schade! Zumal einige der ergänzten Songs – „This Is Not Your Country“, „Now I Am A Was“ – nicht zu seinen Glanzleistungen zählen. Andere, wie „Lost“, fügen sich indes in den hymnisch-schwelgerischen Duktus des Albums.