Mr. Brooks :: Start: 29. 11.

„Hi, mein Name ist Earl Brooks“, sagt er im Kreis der Anonymen Alkoholiker. „Ich bin… süchtig.“ Das knappe Bekenntnis ist eine famose sarkastische Pointe. Denn er gehört hier nicht hin. Er weiß nur nicht, wie sich sonst helfen soll. Brooks ist ein Serienkiller. Seine letzten Opfer starben in der Nacht zuvor, ein Liebespaar, das er in dessen Schlafzimmer erschoss. Es war ein zwanghafter Trieb, dem er nach zweijähriger Abstinenz nachgab. Er hat ihn genossen, den kurzen, starken Kick unmittelbar nach der Tat, aber nun soll wieder Schluss sein, so wie Junkies es immer behaupten.

„Mr. Brooks“ ist das Psychogramm einer Abhängigkeit. Der Protagonist könnte auch Drogen, Sex oder dem Glücksspiel verfallen sein, den typischen Krankheiten einer Zivilisation, in der alles reglementiert und vieles tabuisiert ist, jede Neigung zum Extremen als Verstoß gegen die Konformität geächtet wird. Brooks ist kein wahnsinniger Einzelgänger, perverser Krimineller oder selbsternannter Gott, der über Leben und Tod richten will. Er ist die leibhaftige Antwort auf Leute, die Spaß haben an Horrorfilmen wie „Saw“, nach außen hin also total normal. Er hat eine erfolgreiche Firma, eine attraktive Ehefrau und eine Tochter, die auf’s College geht. Der Psychopath in ihm heißt Marshall, ein Zyniker, der über die Therapie lästert. „Du genießt es, mich leiden zu sehen“, antwortet Brooks seinem Alter Ego, mit dem er fast schon philosophische Zwiegespräche führt.

Mit seiner erst zweiten Regiearbeit nach der mäßigen Komödie „Kuffs“ vor 15 Jahren hat der Drehbuchautor Evans („Stand By Me“, „Starman“) einen neuen Serienkiller-Typus erschaffen, der durchaus Kinogeschichte schreiben kann. Und Kevin Costner, der stets romantische Held, erweist sich als ideale Besetzung für diesen schizophrenen Balance-Akt zwischen Familienvater und Mörder. Wobei ihm William Hurt als Marshall mit boshaften Bonmots grandios zur Seite steht. „Wenn du stirbst“, sagt er zu Brooks, „sterbe ich auch. Ich will aber leben. Ich will leben, ficken, töten.“

Neben diesem ausgefeiltem Dualismus funktioniert die Story aber auch als Thriller mit stets originellen Wendungen, deren Auflösung geschickt verzögert wird. Bei seinem Mord an dem Pärchen wird Brooks im Nachbarhaus von dem voyeuristischen Amateurfotografen Mr. Smith (Dane Cook) beobachtet. Der erpresst ihn nun, verlangt aber kein Schweigegeld, sondern will dabei sein beim nächsten Tötungsakt. Das passt Brooks, der seiner Sucht ja widerstehen will, gar nicht, zumal ihm eine Polizistin (Demi Moore) auf der Spur ist. Die streitet nebenbei mit ihrem Ex-Mann um eine Abfindung und wird zudem von einem irren Ausbrecher bedroht.

Zuweilen wirkt der Plot bei so vielen Handlungssträngen überladen, und einige überkandidelte Actionszenen stören den sonst ruhigen Rhythmus des Films. Aber wie Brooks den Showdown einfädelt, um wieder zu den Anonymen Alkoholikern gehen zu können, ist ebenso raffiniert wie plausibel.

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