Mr. Bungle – California :: Mike Pattons Freizeit-Virtuosen nehmen Kalifornien operettenhaft auseinander

Kalifornien ist das Gelobte Land unserer Zivilisation. Computerchips und Silikonbrüste, Rockbands und Selbsthilfegruppen, Swimmingpoob und Rettungsschwimmer – alle Segnungen der modernen Spaßgesellschaft kommen von der sonnenverwöhnten Westküste Amerikas. Ausgerechnet die Rockbands betätigen sich jedoch immer öfter ab Beschmutzer ihres glamourösen Nestes. Im Sommer warnten bereits die Red Hot Chili Peppers vor den Nebenwirkungen der fortschreitenden „Califomication“, nun sind es die in ihrem PatchworkAvantgardismus typisch hollywoodianischen Käuze von Mt Bungle, die sich bemühen, die Schattenseiten von“Gfllifornia“ zu beleuchten.

Wer sich nun die ersten beiden Mr. Bungle-Alben ins Gedächtnis zurückruft, ahnt, dass hier keine leichte Kost geboten werden kann. 1991 wurde die ursprünglich als Death-Metal-Formation gegründete Band erstmals einem größeren Publikum zugänglich gemacht Das Debüt „Mr. Bungle“produziert von John Zorn – enthielt einen unerklärlichen Mix aus Rock-, Pop und Jazz-Elementen und begeisterte vor allem gelangweilte Musik-Konsumenten, die auf der Suche nach neuen Sounds waren. Davon gab es auf „Disco MfLinie“ (1995) noch einmal kräftig Nachschlag. Teile des Albums wurden von Sänger Mike Patton in einer Geheimsprache gesungen, die laut Band aus einer anderen Welt stammte.

Ein Konzeptalbum, das noch dazu den Titel „California“ trägt, darf folglich nichts Geringeres als eine pompöse Rock-Oper enthalten, die sich mit buntem Allerlei der schleichenden Verwesung im Tal der Puppen widmet Patton, dessen Hang zur Theatralik man von Faith No More kennt und schätzt, paradiert in der Rolle des Jahrmarktkoberers im Clownskostüm, der sein Publikum in das flirrend bunte Karussell locken will. Doch drinnen ist natürlich Geisterbahn. Die Songtitel sprechen für sich: „None Of Them Knew They Were Robots“, „The Air Conditioned Nightmare“, „Ars Moriendi“. Das kalifornische Fegefeuer der Eitelkeiten erträgt man entweder im Wahnsinn oder im Drogenrausch, lautet am Ende das ironisch-resignative Credo („Goodbye Sober Day“).

Was Mr. Bungle hierzu an Musik aufbieten, erscheint unbeschreiblich. Rockabilly trifft auf rumänische Polka, asiatische Weben kollidieren mit Jazz und Rock. Es ist, als würden Elvis und Sinatra mit Fred Astaire in einem zuckersüßen, neonbunten Strudel swingen, mit dem die ganze scheinbare Heiligkeit amerikanischer Showbiz-Mythen kurzerhand im Klo heruntergespült wird. Eine weniger epochale Rückkehr des Mr. Bungle hätte enttäuscht. 4,0

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