Multimedia von Thomas Feibel
SADATO ist Perser, lebt in Tokio und bringt seine Musik merkwürdigerweise auf einem Nürnberger Label heraus. Seine Stücke sind eine heftige Mischung aus Experiment, Jazz und Punk und wirken, wie seine Interpretation von „Riders On The Storm“, ebenso verstörend wie hörenswert. Neben den 16 Titeln wurde „No More Reggae“ (EfA) noch ein eigenwilliger Daten-Track für PC und Mac angefügt. Eine japanische Zeitung muß per Maus erkundet werden und bringt das Wetter von Tokio (sonnig, bewölkt), Sendai (Regen, bewölkt) und Osaka (sonnig). Darüber hinaus wird Natto (übelriechendes Essen aus halbverfaulten Sojabohnen) angepriesen, aber auch auf Liebeshotels, Sonderangebote und eine Art von Pinimenthol aufmerksam gemacht. Wer allerdings des Japanischen nicht mächtig ist, muß sich mit den schrägen und witzigen Überraschungen begnügen, die die Entwickler eingebaut haben. Strange. 3,0
Ein anderer Meister des Experiments, BILL LASWELL, ist in seinen multimedialen Belangen offensichtlich schlecht beraten worden. Laswells „Divination“ (EfA), aus zwei Scheiben bestehend, verdient das Prädikat „schlechteste CD-ROMs der Welt“. Was hier großpurig „Graphic image generator“ genannt wird, besteht aus lächerlichen, bunten Pünktchen und Kästchen, die sich zu Ambient-Klängen über den gesamten Bildschirm verteilen. Das wirre Konglomerat ist ebenso häßlich und geschmacklos wie unerträglich. Immerhin ist die Musik der beiden Mixed Modes zwar annehmbar – aber auch kein Trost. Schade ums Geld. 1,0
THOMAS ELBERN (Ex-Radio-DJ, Ex-Pink Turns Blue und Ex-Escape With Romeo) hat sein deutschsprachiges Debüt-Album „Kalt und elektrisch“ multimedial aufbereitet. Neben Videos, Song-Texten und Biographie läßt sich auch in ältere Veröffentlichungen reinhören. Die ganze Aufmachung paßt gut zu den elf tanzbaren und sehnsuchtsvollen Songs, die allerdings reine Geschmackssache sind. Für eine Independent-Produktion liebevoll und ordentlich. Nur das geschnarrte „VIVA“-Feature mit der typischen jugendbwegten Schlaks-Moderatoren-Körperhaltung (Daumen in Jeans-Taschen) hätte nicht sein müssen. 2,5
Bevor die dritte CD-ROM der RESIDENTS erscheint, kommt zur „Freak Show“ noch eine kleine Nachlieferung heraus. Auf dem gleichnamigen Audio-Soundtrack wird künftig, an PC und Mac zumindest, ein weiterer Freak ab Bonus-Track zu finden sein. Da die Datenmenge ausgeschöft war, mußte sich damals „Lillie“ aus der legendären Abnormitäten-Sammlung verabschieden. Für jeden Residents-Fan fraglos ein Muß. 3,0
Peter Gabriel und Jackson Browne haben beide auf der CD-ROM „Amnesty Interactive“ (Systhema, Indigo) einen Kurz-Auftritt. Zwar sind diese beiden guten Menschen seit vielen Jahren unermüdlich für die Menschenrechts-Organisation „Amnesty International“ im Einsatz, und humanitäres Goodwill bringt selten bemerkenswerte künstlerische Äusserungen hervor – in Verbindung mit neuen Techniken aber erscheint das löbliche Engagement in neuem Licht. Selten wurde ein ernstes Thema so unterhaltend aufgearbeitet. „Amnesty Interactive“ setzt dabei überhaupt nicht auf den mit Schauder erwarteten Betroffenheitsschmus. Statt dessen: tolle Oberflächen-Gestaltung im Ethno-Look, wunderbare Kurzfilme und fröhliche Musik. Höhepunkte der Scheibe sind vor allem die über 30 originellen und witzigen Kurzfilme unterschiedlichster Künstler, die sich von den einzelnen 30 Statuten der „Declaration Of Human Rights“ aus dem Jahre 1948 inspirieren ließen. Für das hohe Niveau dieser Hybrid-CD-ROM sind die 25 Mark Verkaufspreis, die fast vollständig zur Unterstützung der Projekte von „Amnesty International“ aufgewendet werden, geradezu geschenkt. 3,0