Multimedia von Thomas Feibel
Im großen psychedelischen Farbspektakel für den Mac lädt BRIAN ENOs CD-ROM „Headcandy“ ein. Farben und Muster, kaleidoskopartig, surreal und hypnotisch. So müssen sich die Beatles gefühlt haben, als sie zum ersten Mal mit LSD in Berührung kamen. In diesem Fall reicht allerdings schon die beigefügte Prismabrille und Enos bewährter Ambient Sound (hier mit lauten Drums und Robert Fripp). Auf den einen oder anderen mag „Headcandy“ langweilig wirken. Wen interessiert’s! Schließlich scheiden sich schon seit Jahrzehnten die Geister an Enos Arbeiten . Wer hier zuviel erwartet, ist selbst schuld.
Eno, der mit den Machern von Bowies „Jump“-CD-ROM zusammenarbeitet, muß sich ab Multimedia-Künstler nichts beweisen. Er arbeitet schon seit Jahren mit Licht-Installationen und Musik. Ende der 80er Jahre präsentierte er ein selbstgedrehtes 40minütiges Video, zu dem eigens der Fernseher hochkant gestellt werden mußte, ohne daß sich deshalb auf der Mattscheibe wesentlich mehr abgespielt hätte. Das ist eben so eine Sache mit der Kunst. Also Brille auf, und gib dem Hirn Zucker. 4,5
Vom Multi-Instrumentalisten zum Multimedia-Macker ist es kein großer Schritt Sagte sich jedenfalls Science-fiction-Fan MIKE OLDFIELD und fügte seinem gegenwärtigen Album „The Songs Of Distant Earth“ ein lächerlich kurzes CD-ROM-Teilchen an. Wenige Sekunden müht sich ein Raumschiff durch Zeichentrick-Galaxien, dann muß wieder einmal ein einfältiges Rätsel gelöst werden, um weiter in die CD-ROM vorzudringen zu können. Entweder rasen muntere Feuerbälle auf einen zu oder Oldfield verharrt mit Gesichtskrampf und Klampfe im Weltall. Am Schluß darf der Anwender den Meister an Bord seines Raumschiffes aus dem Tiefschlaf wecken. Musikalisch ist das leider nicht möglich. 2,5
Apropos Tiefschlaf: Warum ausgerechnet der verstaubte BEATCLUB von 1968 auf CD-ROM (Windows) veröffentlicht wurde, bleibt schleierhaft. Gut, ’68 mag ja ganz schön wild gewesen sein, und Steppenwolf, Donovan, Manfred Mann und all die anderen wackeren Recken des Rock sind ja auch immer wieder gerne gesehen, aber doch nicht unbedingt bei ihren steifen Leckebusch-Auftritten. Was auf dieser CD-ROM konserviert wurde, ist schlecht, schlecht, schlecht das aber vielseitig. Schon die Gestaltung der Bildschirm-Oberfläche ist weder besonders originell, noch betont nostalgisch, die Funktionalität hausbacken bis phantasielos. Vom Feeling der 60er Jahre hier keine Spur, und die Abteilung „Zeitgeist“ unterbietet das „Chronik der Weltgeschichte“-Niveau. War da was mit Kult? Fortsetzungen sind zu befürchten. 1,0
Es muß ja auch nicht immer eine CD-ROM sein, meinte die EMI und wechselt ganz zwanglos in den Video-CD-Bereich. Eine VIDEO-CD ist ein Video auf CD, verfügt aber über „besseren Sound“ (stimmt nicht immer), „hochwertigere Bilder“ (auch nicht immer) und „rasche Zugriffe auf einzelne Tracks“ (funktioniert). Ab sofort gibt’s Queens „Greatest Flix I & II“, Kate Bushs „The Whok Stary „94“, David Bowies „Video-Collection“, Tina Turners „Simply The Best“ und Pink Floyds „Delicate Sound Of Thunder“ auf Doppel-CDs. Um sich die Video-CDs ansehen zu können, ist am PC eine MPEG-Karte (ab 500 Mark) nötig – sonst tut’s auch ein Philips-CD-I-Player für knapp 1000 Mark. Wenn’s sonst nix ist… 2,0 -3,0
Probleme mit Klampfe? PAUL GILBERT von Mr. Big hilft aus der Patsche. Auf der CD-ROM „Rock Guitar Masterclass“ (WIN) gibt der Meister sein Gitarren-know-how an den Nachwuchs weiter. Mit Blick aufs Griffsbrett sind alle Finger-Übungen gut sichtbar. Gilbert zeigt 40 Licks für Mainstream-Rock, Blues, R&B, aber auch Rhydunus-Gitarren-Griffe. Das ist übersichtlich gemacht, nur die Noten lassen sich nicht ausdrucken. Schade auch, daß Gilberts Ansprachen in Telephon-Mitschnitt-Qualität festgehalten wurden. 3,0