Music Of Quality And Distinction Vol. 3 – Dark :: Martyn Ware (Heaven 17) lädt noch einmal zum Singen ein
Dass die British Electric Foundation, einst als Überbau für Heaven 17 gegründet, ihrer Vokalisten-Rundschau „Music Of Quality &Distinction“ noch einen dritten Teil hinzufügen würde – damit haben die wenigsten gerechnet. Aber hätte jemand erwartet, dass sich Studiotüftler Martyn Ware auf Heaven-17-Tourneen noch einmal zur Rampensau entwickeln würde?
Die Welt der Vorschüsse und Künstlerverträge hat sich seit Vol. 1 (läutete 1982 das Comeback von Tina Turner ein) und Vol. 2 (1991) komplett verändert. Ware wartete darauf,
dass ihm jemand dieses Projekt finanzieren würde. Doch schließlich produzierte er es im eigenen Studio. Als Vorgabe diente das Wort „dark“ – mit finsteren Interpretationen von Upbeat-Nummern köderte Ware die umworbenen und um Honoraraufschub gebetenen Gastsängerinnen und -sänger. Allerdings ist die Stimme Kim Wildes hier denkbar ungeeignet. Nenas Freundin erlebte ihre Hochzeit ebenfalls in den 80er-Jahren, wurde aber sicher nicht mit „Being Boiled“ sozialisiert. Somit entpuppt sich der Auftakt mit „Every Time I See You I Go Wild“ gleich als ein Schlag daneben, während der Synthie-Fuhrpark im Hintergrund altbacken vor sich hin pluckert. Auch Boy George verpasst es, „I Wanna Be Your Dog“ von den Stooges einen neuen Touch zu verleihen. „Make Up“(Original: Lou Reed) zeigt, dass Georges Stimmbänder ohnehin völlig ruiniert sind. Andy Bell verwechselt düster mit prätentiös, Billie Godfrey mit theatralisch. Der Beach-Boys-Klassiker „God Only Knows“ wird durch den Einsatz der Micky-Maus-Stimme von Shingai Shoniwa (Noisettes) erschüttert, während der russische Sänger Maxim ABBAs „The Day Before You Came“ schmettert, als wäre er ein Comedy-Act, der Marc Almond veralbern will. Green Gartside dagegen flötet „Didn’t I Blow Your Mind This Time“ (The Delfonics) wie ein junger Gott. Gleichzeitig hält sich Ware zurück, und siehe da: So funktioniert’s! Und Heaven-17-Sänger Glenn Gregory brilliert mit seiner entschleunigten Version von „Party Fears Two“ in memorium Associates-Sänger Billy Mackenzie.
Der Vorgabe gerecht, aber so kaum beabsichtigt, wechseln auf dem Album Licht und Schatten. Martyn Ware wirkt oft nur noch als Nachlassverwalter seiner eigenen Sounds, mit denen er in den frühen 80er-Jahren eine neue Zeit einläutete. Spätestens jetzt ist sie um. (Wall Of Sound/Alive)