Musikbücher von Arne Willander & Birgit Fuß
„Licht und Schatten. Abba – Die wahre Geschichte“
(Bosworth, ca. 35 Euro) von Carl Magnus Palm wirkt mit diesem verheißungsvollen Titel wie die Kolportage eines naiven Fans oder eines abgebrühten Boulevard-Schreibers, ist abba tatsächlich die erste umfassende biografische Anstrengung. Carl Magnus Palm hatte bereits ausführliche Produktionsnotizen für die Compilation „Gold“ und die Remasters der Alben besorgt und entschloss sich nach der neuerlichen Abba-Renaissance mit dem Musical „Mamma Mia!“ zu der herkuleischen Arbeit. Auf 600 Seiten breitet Palm die Abba-Saga aus, recherchierte die Herkunft Anni-Frids als Kind eines deutschen Besatzungs-Soldaten in Norwegen, die infantilen Anstrengungen Agnethas als Sängerin vor dem Spiegel, die kleinbürgerliche Kindheit von Björn und Benny, die bald mit den Hootenanny Singers und den Hep Stars frühen Ruhm erlebten, freilich nicht gerade Rock’n’Roll. Auf zahllosen Platten versuchten die beiden, anglo-amerikanischen Standards gerecht zu werden, indem sie vorwiegend Cover-Versionen mit bizarren schwedischen Text-Umdeutungen (oder eigene Lieder in Nonsense-Englisch) spielten. Der ebenso umtriebige wie umstrittene Manager, Label-Eigner und Texter Stig Andersson nahm Björn schon 1966 unter seine Fittiche und beförderte später den Kontakt mit Benny. über regionale Talentwettbewerbe, sommerliche Auftritte in den so genannten schwedischen Folkparks und Platten-Aufnahmen lernten sie Anni-Frid und Agnetha kennen, mit denen sie seit 1970 zusammen auftraten, zunächst in einer offenbar gruseligen Musical-Show, dann zunehmend mit eigenem, modernem Programm. Liebe.Umzüge, Heirat und Kinder ereigneten sich nebenei, 1972 erschien die erste Platte, noch ohne den Abba-Schriftzug. Für das Kürzel entschied man sich erst nach einem Zeitungs-Preisausschreiben. Dannm kam die erste Grand-Prix-Vorauscheidung, bei der Abba mit „Ring Ring“ scheiterten. Anders ein Jahr später mit „Waterloo“. Die folgenden Jahre bis 1982 schildert Palm als immerwährende Überforderung: jedes Jahr eine Platte, dazwischen Singles, der beständige Versuch, es in den USA zu schaffen, Zeitmangel, Hysterie in Australien, der Film, Respekt in England, Hit-Abonnements in Belgien, Holland, „Westdeutschland“, wie Palm so schön schreibt, und Gegenwind in der Heimat, wo Abba als Marionetten des Kapitals galten. Und Agnethas Hintern. Viel Leben blieb nicht. Die Übersetzung klingt meistens so: „Unglaublich starke Melodien, eine ausgezeichnete Soundqualität, totales Fachwissen und ausgesprochen dynamische Stimmen, all das verband „Led Zep“ mit den vier Schweden.“ Gleichwohl: ein Standardwerk. 4,0
„Led Zeppelin-A Photographic Collection“
(Vision On, ca. 150Euro) von Neal Preston gibt es jetzt auch als „Collector’s Edition“ – nur 1000mal und zu einem stolzen Preis. Der wird allerdings nicht nur durch den Schuber aus schwarzem Samt (natürlich mit integriertem „Zoso“-Zeichen) gerechtfertigt, sondern vor allem durch die vielen sagenhaften Fotos. Preston, seit 1973 Intimus von Led Zeppelin, hat die Briten in allen Lagen erwischt. Plant mit einer Taube in der einen und Bier in der anderen Hand. Page auf einem Blümchensofa, meistens aber mit Jack Daniel’s. Viele nackte Oberkörper, Sinnbild für die – nicht immer unpeinliche – Energie der Band. Mit wenigen, aber ausreichenden Texten von Dave Lewis – die Bilder sagen ja schon alles. Zu beziehen bei www.vobooks.com. 5,0
„Forever Delayed – Photographs Of The Manie Street Preachers“
(Vision On, ca. 30Euro) von Mitch Ikeda ist nun nicht ganz so exklusiv, aber auch herrlich anzusehen. Und immerhin haben die verbliebenen Manics die Fotos selbst per E-Mail kommentiert. Da steht also beispielsweise neben einem Backstage-Foto die Analyse von Sänger James Dean Bradfield: „Strangely, all happy in a twisted melancholic way“. Was die Manics schon fast perfekt zusammenfasst. Die eindrucksvollsten Schnappschüsse gibt es freilich von Richey James und Nicky Wire, dessen Make-up-Orgien anscheinend selbst Bradfield Angst machen, aber alle Bilder schwanken zwischen Ekstase und Depression, Einsamkeit und Freundschaft – ein faszinierendes Dokument einer Band, die nie aufgibt. 4,5
„An Education In Rebellion: The Biography Of Nikki Sixx“
(Black Market Publishing, ca, 16 Euro) von Jake Brown bleibt trotz des enormen Erfolgs der Mötley Crüe-Autobiografie „The Dirt“ sicher ein Nischen-Thema. Brown macht sich gleich gar nicht die Mühe, Objektivität vorzutäuschen. Er liebt den Bassisten und erzählt voller Begeisterung von dessen Mut und Draufgängertum in den frühen Jahren, von Koks und Playmates am Karriere-Zenit- und von der in der Tat bewundernswerten Sturheit und Standhaftigkeit, seit es nicht mehr so gut läuft. Gnadenlos schleppte sich die Crüe Ende der 90er in Amerika von Kleinstadt zu Kleinstadt, um die paar Fans, die sie noch hatte, glücklich zu machen. Viel Glam hat das nicht mehr, aber es zeigt endlich mal, wie das Leben mancher 80er-Jahre-Helden heute so ist: fünf Kinder, Hypothek, keine Zeit zum Ausruhen. Wohin das führen kann – auch das lesen Sie hier. Ein Hollywood-Ende gibt’s trotzdem. 3,0