My Latest Novel – Deaths & Entrances
Dem Debüt von My Latest Novel aus Greenock, Schottland konnte man alles Mögliche nachsagen. Viele wollten es der Herkunft wegen in der Nachfolge von Belle & Sebastian sehen, andere machten treffender ein Gemisch aus Tindersticks, Velvet Underground und Beach Boys aus. Auch Folklore steckte in den vielstimmigen Gesängen und formalen Akkordstrukturen.
Für ihr zweites Album hat sich das Quintett in einem Pub eingeschlossen und den eigenen Sound etwas kompakter gemacht, auch härter. Der erste Song, „All In All In All Is All“, ist ein dunkles Ding aus breit geschlagenen Gitarren, tragischen Geigenmelodien und choralartigen Gesängen. Drei Sänger singen gleichzeitig ganz verschiedene Gesangslinien. Wie das Lied in der Mitte erst mit riesigen Trommeln, Trompeten und hymnisch klagendem Gesang aufkocht und dann in ein völlig anderes Tempo wechselt, das ist toll und ungewöhnlich und auf eine seltsame Art doch zwingend. Das weichere „Dragonhide“ folgt diesem Arrangement auf dem Fuß, genau wie das geheimnisvolle „1 Declare A Ceasefire“. Es ist gut, dass My Latest Novel aus ihrem Märchenwald kommen und sich trauen, groß und mächtig zu sein.
Auch die alten My Latest Novel gibt es noch, etwa in der gezupften Ballade „Lacklustre“ (sehr schön), dem folkig großherzigen „A Dear Green Place“ (nicht so schön) und dem pompösen Sixties-Pastiche „Argument Against The Man“ (immerhin einfallsreich). Doch das nächste Level erreichen die Schotten, wenn sie sich der Dunkelheit stellen, sich von allerlei literarischen Charakteren inspirieren lassen und dezent gruselige Geschichten erzählen. Dann schwingt etwas Hymnisches, Unsagbares in dieser enorm ideenreichen, verschworenen Musik mit.