Neneh Cherry :: Blank Project

Ein Ex-Popstar zieht hypnotische Sounds klassischen Songs vor

Bei Neneh Cherry denken viele zuerst an die Pop-Hits aus den Neunzigern. „Seven Seconds“  und „Manchild“ laufen noch heute regelmäßig in den Radios, zwischen Verkehrsfunk und Gute-Laune-Talk. Dabei gab es vorher doch auch noch die New Age Steppers, Rip Rig + Panic und „Buffalo Stance“: Experimente zwischen Dub, Postpunk, Jazz und frühem HipHop. Nach einer sehr langen Pause erschien 2012 endlich wieder ein Album. „Cherry Thing“ war eine wild genialische Zusammenarbeit mit The Thing, einem schwedischen Free-Jazz-Trio um den Saxofonisten Mats Gustafsson. Was für ein Brocken!

„Blank Projekt“ ist eine Zusammenarbeit mit RocketNumberNine, einem britischen Duo zwischen Jazz und experimentellem Elektro, und folgt ganz offensichtlich dem klassischen Motto: Weniger ist mehr! Produziert hat Kieran Hebden alias Four Tet, der mit dem Jazz-Schlagzeuger Steve Reid ebenso im Studio war wie mit Burial und Thom Yorke.

Das Album beginnt sehr leise und zurückhaltend, mit der minimalistisch abstrakten Ballade „Across The Water“. Während die Beats wie sparsamer Regen tropfen, erzählt Neneh von ihrer Tochter und was sie ihr bedeutet. Doch bereits der nächste Song erhöht die Intensität. Die extrem verzerrte Bassline von „Blank Project“ klingt nach Dubstep, der Rhythmus wie beschwörende Stammestänze. Von Songstrukturen im klassischen Sinn kann hier keine Rede mehr sein – ein hypnotischer Strudel aus Sound zieht den Hörer mit sich. Doch im Unterschied zu „Cherry Thing“ ist diese Musik durchaus tanzbar und clubkompatibel. „Naked“ beweist das besonders schön. Auch „Out Of The Black“, ein Duett mit der schwedischen Pop-Königin Robyn, macht mit einem kraftvoll rauen HipHop-Beat klar: „Man“, das letzte offizielle Neneh-Cherry-Album von 1996, entstand in einem früheren Leben. Kompromisse und Mainstream sind heute kein Thema mehr, mit dem sich die Sängerin auseinandersetzt.

„Blank Project“ endet mit „Everything“, einer Art hypermotorischem Krautrock, der in der zweiten Hälfte fast wie ein Update von Can klingt, inklusive einer weiblichen Variante von Damo Suzuki. Neneh Cherry ist zurück – mit einem wunderbar wilden Album.

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