Nicolai Dunger – Play
Seine Lieder seien fahrig, hat Nicolai Dunger einmal gesagt. Das stimmt natürlich; Dunger hat seinen Kopf in den Wolken und wandert durch die Stile wie ein Nomade durch die Wüste. Manchmal wurden die Grenzen des Konsumerablen überschritten, meist aber hängt man an den Lippen des Schweden. Jazz (mit dem Esbjörn Svensson Trio), Americana (mit Will Oldham) und opulenter Sixites-Folk (mit Mercury Rev) – Dunger kleidet seine Liedskizzen unterschiedlich ein, hat aber immer eine faszinierende Inspiration. Doch es ist eben auch eine gewisse Unentschlossenheit im Spiel. Dunger wirkte bisweilen, als sei er ständig auf der Suche.
Und während man sich noch fragt, ob der Künstler überhaupt am Ankommen interessiert ist, erscheint diese Platte. „Play“ ist so konzentriert wie kaum ein anderes Album in dieser Diskografie. Dunger schreibt konzise Songs, verbindet Westcoast mit Hippie-Folk und altem R’n’B und klingt immer mal nach dem frühen Van Morrisson. Herausragend ist ein Duett mit Nina Persson (The Cardigans) namens „Tears In A Child’s Eye“. Der Atem bebt in diesem hallenden Walzer, die Gesänge sind grandios. Ein bisschen mehr Western, und man müsste von Lee Hazelwood sprechen. Vorher hatte „Crazy Train“ einen ersten Höhepunkt gesetzt – der federleichte Folk-Pop funktioniert mit Sixties-Gitarren und Hippie-Chören als Visitenkarte des Albums. „Can You“ nimmt diesen Faden mit Bar-Piano und tippelndem Rhythmus auf. Es spielt sogar jemand Querflöte! Die hatten war in letzter Zeit nur bei Midlake gehört. Natürlich wundert man sich wieder: Wie kann man Platten aufnehmen, die so aus der Zeit fallen? Dungers Soul jedenfalls entfaltet sich in der musealen Kulisse hervorragend.
„Time Left To Spend“ ist alter Rock’n’Roll mit Slapback-Echo, bis im Mittelteil plötzlich Philly-Funk-Bläser einsetzen. „Entitled To Play“ vermengt Pub-Folk mit Pop-Psychedelik. Man kennt diese Melodien, freut sich auf sie wie auf alte Bekannte. Dunger streut Rezitative ein, redet von der Lizenz zum Spielen. Wie schön, dass er seinen Ideen nicht die Spitze abbricht und sich in Inwendigkeit verliert! Die klaren Konturen bringen Dungers Vermögen als Songwriter und Sänger deutlich zum Vorschein.
Gegen Ende der Platte singt der Sänger allein zu einer Zwölfsaitigen von einem Mädchen mit Augen aus Wolle und Traurigkeit im Herzen. Das Lied schaukelt leise ins Nichts, Dunger spielt einfach vor sich hin. Einfach spielen, das ist die Idee dieser Platte.