NoMeansNo – The People’s Choice
Heute weiß man ja kaum noch, was mit „Hardcore“ in den Achtzigern und Neunzigern gemeint war, etwa im Unterschied zu Punk. Rob und John Wright, Bass und Schlagzeug von MoMeansNo, waren schon insofern exotisch, als sie den Gitarristen erst mal mieten mussten, während andere Bands – Hüsker Du, Pere Ubu, Television, Dead Kennedys – sich um die Gitarre formierten. NoMeansNo sind die Letzten ihrer Spezies: vor 25 Jahren – vage gerechnet – gegründet, erste Platte 1984. Nur der zerknautschte David Thomas läuft mit seinem Hütchen noch irgendwo herum, und Bob Mould ist taub.
Die Wright-Brüder spielen knallhart und mit präziser, fast mathematischer Mechanik, sie sind ein Rythmus-Monster und heute so unbeugsam, laut, akkurat, böse und schneidend wie eh und je. NoMeansNo haben alle Untergrund-Radikalismen absorbiert: Kommunismus, Straight Edge, Geschlechterpolitik, Gesellschafts- und Militärkritik, Pazifismus, Homosexualität, Political Correctness – was ihr wollt, Leute! Die musizierende Gesamtrandgruppe. Früher ein wenig schräg, wirken sie heute graue Haare, große Brillengläser und Kinne – wie Figuren aus den „Simpsons“ oder einem Film von David Lynch.
Die Fans (gibt es!) haben zum Jubiläum ihre Lieblingssongs gewählt, ganz wie bei basisdemokratischen Bands wie R.E.M. Zwei Jahre soll das Label Wrong in England an dem Tracklisting (sind bloß 15 Songs) herumgeschraubt haben. Die Listen kamen bestimmt nicht per E-mail oder Homepage! „Body Bag“, „Sex Mad“, „Humans“, „I Can’t Stop Talking“, „The Day Everything Became Nothing“, das wunderbar schmissige und lustige „Dad“ sowie „The River“ (nicht von Springsteen) wie konnte das so lange dauern?
Natürlich sind NoMeansNo nicht nur die Dinosaurier des Hardcore, sie sind auch die coolste Band des Planeten. Nie bei der Plattenindustrie gewesen, nie bei einem großen Label, niemals Promotion, keine Anzeigen, kein Garnichts. Vor einem Konzert in Hamburg wollte ich mal mit den Brüdern sprechen. Sie schickten ihren jungen Gitarristen Andy oder so, der ihnen wirklich nicht gewachsen war.
Niemand ist NoMeansNo gewachsen. Sie machen großen Lärm auf drei Instrumenten. „How fucken old are NoMeansNo? Give it up grand dads“, hat jemand in irgendeinem verdammten Konzertschuppen an die Wand geschmiert. „That’s ‚great grand dad‘ to you fucker“, antwortete John Wright darunter.