Nuggets

Wäre man heute von der deutschen Tonträger-Mafia abhängig, so würden hier eher Waschmittel als CDs besprochen. Was uns zu Michelle Malone bringt. Die Gitarristin und Stimme der Band DE SOLEIL erinnert anfangs stark an Melissa Etheridge (der langweiligste Offenbarungseid in der Geschichte der Rockmusik), stellt diese aber schnell auf den ihr gebührenden Platz im Hinterhof der „Rock-Röhren“. Ohne die sonst übliche und dusselig aufgesetzte Industrie-Macht bringt „Redemption Dream“ (Demon 19005-2) die Malone weitaus besser und vor allem ehrlicher rüber. Volldampf auf fast allen Tracks und durchgehend tanzbar.

Schlicht MARVIN nennt sich ein exzentrischer Songwriter aus San Francisco, der mit „Weapons Of The Spirit“ (Restless 7-72730-2) bereits seine dritte Platte vorlegt. Bei dieser sehr gewöhnungsbedürftigen Veröffentlichung ist in jeder Hinsicht zu allererst der Kopf gefordert. Die verzwickten Arrangements und die ausgedrehten Texte lassen sich nämlich nicht beim Abwasch konsumieren. Marvin, mit Nachnamen Etzioni, früher Bestandteil der leider nur live absolut überzeugenden Band Lone Justice, aus der bekanntlich auch Maria McKee hervorging, definiert den Begriff Songwriter völlig neu. Bach goes Green On Red.

Gut zu hören, daß es noch Musiker mit Hirn und ganz viel Herz gibt, die sich die ewig zu unrecht unterbewerteten Flamin‘ Groovies zum Vorbild erkoren haben.GO TO BLAZES heißen die vier Kompromißlosen, die mit „Any Time… Anywhere“ (EastSide ESD 80732) den Gitarrenrock-Hammer schlechthin produziert haben.

Nicht zu glauben, aber mit seinem dritten Album legt uns der ehemalige Wild Seeds- und Setters-Gitarrist und -Sänger MICHAEL HALL die CD mit dem Texas-Drive eines Calvin Russell und dem Biß Warren Zevons vor, an die wir schon nicht mehr geglaubt hatten „Adequate Desire (Deja Disc DJD 3212) ist eine der Kult-Scheiben, die einfach durch alles besticht. Schleppende, orgelnde Gitarren… Faszinierend! Was germanischen Combos schon immer abging, nämlich politische Inhalte zu transportieren, ohne daß einen die Mucke in Volkstrauertags-Stimmung versetzte (Kann man zu Hannes Wader tanzen?), bringen die BIS‘ QUITS mit dem Song „Betty Was Black (And Willie Was White)“ problemlos auf den Punkt. Ihre CD „The Bis-quits“ (Oh Boy Rec. OBR 012-2), die eine brillante Version von Richard Thompsons „Walking On A Wire“ enthält, beweist einmal mehr, daß die hiesige Polit-Szene nicht lachen kann. Power-Pop vom Feinsten und good underholding.

Ein so unter die Haut gehendes Cover des Velvet-Underground-Klassikers „Venus In Furs“, das muß erst einmal verdaut werden. Professor G. Turner, Dept. of Mathematics, College of Santa Fe, und seine Band THB MISTAKEN waren der Welt (sogar meiner) bis dato völlig unbekannt, aber mit ihrem Album „Santa Fe“ (Triple X Rec. 51126-2) gelang ihnen auf Anhieb der ganz große Wurf.

Musik im Niemandsland der nicht besetzten Kategorien – hat auch was von Eleventh Dream Day. Achtung: Dies ist eine Country-Platte, die aber nicht für die Dolly Parton-, Vince Gill- und Garth Brooks-Fraktion gemacht wurde. Denn TERRY ALLIN ist schließlich der Vor- und Querdenker der zeitgenössischen texanischen Szene. Auf „Songs Front Chippy“ (Hollywood Rec. HR-61609-2), dem Soundtrack zu Aliens erstem Theaterstück, sind 23 Titel enthalten, die Anfang ’94 in Austin mit einer wahren Texas-All-Star-Band eingespielt wurden. Dabei: Butch Hancock, Joe Ely und Jo Carol Pierce.

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