Nuggets von Ulli Schüler
Das Leben kann schon hart sein, wenn der beste Freund gleichzeitig auch noch als Chefredakteur dieses Blattes zeichnet, auf Big Head Todd & The Monsters steht, und ich ihm nahebringen muß, daß Glenn Phillips und nicht irgendjemand sonst der Ausnahme-Gitarrist schlechthin ist. Nach diversen Solo-Projekten folgt nun endlich wieder ein Ausflug mit Band ins Oberhaus der Rockmusik. Seine neue Formation SUPREME COURT wartet obendrein noch mit dem brillanten Sänger Jeff Calder auf. Auf „Goes Electric“ (DB Rec. DB 156) wechseln sich hochkarätigste Gitarren-Parts mit stimmungsvollen Klang-Collagen ab. Die Musik, die mal äußerst filigran, mal etwas härter daherkommt, verliert nie ihre faszinierende Leichtigkeit. Was Glenn Phillips zum Ausnahme-Musiker macht, ist nicht nur sein Gitarrenspiel, sondern auch die Tatsache, daß er sich mit Bravour allen Kategorien zu entziehen weiß. Erfreuliches Fazit: Der Chefredakteur und ich haben jetzt eine neue gemeinsame Lieblingsplatte. 4,0
GREG BROWN legt mit „the poet gante“ (Redhouse RHR CD 68) bereits sein zehntes Werk vor und glänzt dennoch hierzulande durch einen kaum noch zu überbietenden Unbekanntheitsgrad. Kaum zu glauben, was der Mann aus dem eher schlichten Folk-Blues-Format dank seiner Texte und seiner Stimme, die unglaubliche Tiefe und Wärme besitzt, herauszuholen vermag. Shaun Colvin, zum Beispiel, hierzulande dank ihrer Solo-Alben und des Bob-Dylan-Jubiläums (30 Jahre auf Platte) einem größeren Personenkreis bekannt, hat bei Meister Greg Brown ihr Handwerk gelernt. Unbegreiflich mutet einfach an, daß Tausende von Schnarchnasen irgendwelchen halbgaren Kram abliefern können, und da jemand seit geraumen Jahren einzigartige Platten vorlegt, aber dennoch sträflich ignoriert wird. Ändert das! Und hört euch endlich mal Texte wie etwa auf -Here In The Going Going Gone“ an. Wer’s dann immer noch nicht begriffen hat, dem sei die neueste Truck Stop hiermit wärmstens empfohlen. 4,0
Daß es auf dem Grunge-Sektor auch noch Leute gibt, denen nicht gerade die Freundin durchgebrannt ist, oder die sich damit beschäftigen, sich in der nächsten halben Stunde erschießen zu müssen, das belegt MATT KEATING mit seinem neusten Album „Scaryarea“ (Alias A 069). Der Mann beweist nämlich, daß sich mit Grunge-Klängen durchaus auch positive Texte transportieren lassen, was zumindest für einen Teil seiner Songs zutrifft. Sozusagen Grunge tanzbar und das obendrein auch noch mit Happy-End. Außerdem führt er noch gekonnt vor, daß die Musik dieses Genres nicht unbedingt so klingen muß, als wäre sie irgendwelchen unverdauten Alistair Crowley-Phantasien entsprungen. Und Keatings musikalische Nähe zu Steve Wynn und Cracker macht einem den Einstieg auch nicht sonderlich schwer. 3,5
Aus dem gleichen Umfeld wie oben beschrieben kommen auch die DHARMA BUMS (Herr
Kerouac läßt grüßen), wenn es hier auch eher in Richtung von straightem Rock geht. Auf „Welcome“ (Frontier 01866 34636-2) dominiert fast durchweg die harte bis härtere Gangart, ohne allerdings in Brutalo-Gefilde à la Pantera etc. abzugleiten. Für all die Page & Plant-Jünger, die bemerkt haben, daß die MTV-Unplugged-Chose nicht umsonst diesen Namen trägt. Denn wenn das Duo sich nicht selbst den Stecker rausgezogen hätte, wären’s garantiert die Fans gewesen. Aber mit totalem Stromausfall muß bei den Dharma Bums zum Glück nicht gerechnet werden, 3,0