Olaf Benzinger :: Bob Dylan: Seine Musik und sein Leben
Olaf Benzinger begibt sich wie alle Versuche, Bob zu entmystifizieren, auf glattes Eis. „Wer ist Bob Dylan? Wie ist sein Werk einzuordnen?“, fragt der Klappentext und verspricht eine „sachverständige Annäherung an einen Ausnahmekünstler“. Es gehe „nicht um strikte Bewertungen“, heißt es, doch erweist sich Benzinger durchweg als äußerst bewertungsfreudig. So bemängelt er abstruserweise die „wieder einmal sehr unprofessionelle Aufnahmetechnik“, unter der angeblich „Good As I Been To Vou“ und „World Gone Wrong“ leiden, wo „sich doch schon fast jeder Schüler eine passable Mehrkanal-Aufnahmemöglichkeit leisten“ könne. Weshalb „beide Alben wirken wie Relikte aus lange vergessenen Zeiten“ und „nur eingefleischte Fans und wenige Traditionalisten“ damit „wirklich etwas anfangen“ könnten. Heilige Einfalt, möchte man ausrufen. Dylans brillanter, bewegender Rückgriff auf atavistisches Songmaterial wird als Einfallslosigkeit gebrandmarkt, die kongenial spartanische Aufnahmeweise als „fast blamabel“.
Ärgerlicher noch als solche Fehldiagnosen sind eine Reihe von Fehlern, die auch andernorts als Fakten verkauft werden, was sie indes nicht richtiger macht. Der überall nachgeplapperte Unfug zum Beispiel, Dylan sei mit „Nashville Skyline“ seiner Zeit wieder mal vorausgeeilt, ja er habe damit „eine Country-Renaissance“ eingeläutet, wie Benzinger wähnt, „in totalem Kontrast zu all dem“, was „sonst im Rock zu der Zeit abging“. Ein Jahr nach „Sweetheart Of The Rodeo“, zwei Jahre nach Rick Nelsons Country-Rock-Platten! Richtig ist vielmehr, dass es jede Menge Folkies nach Nashville zog, lange bevor Dylan dem Drängen von Bob Johnston nachgab, es doch auch einmal zu wagen. Glatteis, wie gesagt.