Oliveray :: Wonders
Eine Woche lang komponierte der isländische Pianist Òlafur Arnalds im Oktober 2011 jeden Tag einen Song, nahm ihn mit Streichern in seinem Wohnzimmer in Reykjavik auf (die Mieten scheinen da noch erschwinglich zu sein, die Zimmer sind geräumig) und stellte ihn als Videostream und MP3-Download ins Netz. Nun sind die sieben Stücke, die – wen wundert’s – recht herbstlich geraten sind, auch auf Vinyl und CD (in einer Special Edition + DVD) erhältlich. „Living Room Songs“ klingt überhaupt nicht wie ein Schnellschuss, hat sogar die Dichte und den Spannungsbogen eines durchkomponierten Albums. (Erased Tapes/Indigo)
„Field Music (Measure)“, das letzte Album des britischen Art-Pop-Ensembles um David und Peter Brewis, war grandios in seiner Maßlosigkeit – 70 Minuten, 20 Songs postmoderner Wahnsinn. „Plumb“ ist nur halb so lang, dafür doppelt so schnell. Nach fünf Minuten haben sie sich bereits durch die erste Hälfte der 70er-Jahre gespielt – Harry Nilsson, King Crimson, die frühen Wings, die mittleren Beach Boys, ELO, Queen und Barclay James Harvest. Das ist der Rahmen, durch den sich auch die weiteren zwölf Songs nervös, eklektisch und ungemein unterhaltsam bewegen. Die Frage nach dem „Warum“ stellt sich komischerweise erst, wenn das Album rum ist. (Memphis Industries/Indigo)
Schon auf der Album-Trilogie „Drinking Songs“/ „Failing Songs“/ „Howling Songs“ widmete sich Matt Elliott unterschiedlichen kontinentaleuropäischen Folk-Spielarten vom Balkan bis in seine französische und spanische Wahl-Heimat. Nach „The Dark“, einem neuen Album seines Projekts Third Eye Foundation im vorigen Jahr, führt er diese musikalische Reise auf „The Broken Man“ fort. Die Songs scheinen noch schwärzer, noch elegischer, leben von spanischen Gitarren, gotischen Chören und dunkler Poesie. So sehr nach Leonard Cohen hat er noch nie geklungen. (Ici d’Ailleur/Cargo)
If Grief Could Wait
Die Norwegerin Susanna Wallumrød ist die Stimme von Susanna & The Magical Orchestra und hat zusammen mit der Schweizer Harfinistin Giovanna Pessi ein Album mit Songs des britischen Barockkomponisten Henry Purcell aufgenommen. Kühl und entrückt, nicht weit von der Lautenerotik des Gordon Sumner entfernt, ist diese allzu geschmackvolle Platte. Einzig die eingestreuten, zeitgenössischen Stücke (Leonard Cohen, Nick Drake) berühren. (ECM)