Verlieren wir zunächst ein paar Worte über Mr. Bomp: Greg Shaw. Der Mann aus Hollywood, Besitzer der wohl größten Plattensammlung der Welt, war anno ’65 einer der ersten US-Rockkritiker und später u. a. der Herausgeber solch bahnbrechender Publikationen wie „Mojo-Navigator“, „Phonograph Record“ und natürlich „BOMP“. Mitte der Siebziger gründete Shaw dann das Bomp!-Label, durchforstete fortan […] mehr…
Das neue Album von RY-UICHI SAKAMOTO heißt „Smoochy“ (Milan Music), weil er sich in einer schmusigen, romantischen Stimmung befand, als er es kreierte. In 13 Songs zeigt er sich von brasilianischen Elementen beeinflußt, er präsentiert einen „Tango“ und kehrt auch mit japanischen Songs zu seinen musikalischen Ursprüngen zurück. Für Sakamoto-Afficionados ein Muß, ansonsten eher müßig. […] mehr…
Das amerikanische Quartett Phish steht nicht nur für handwerklich gepflegte Rockmusik, sondern ist vor allem Ausdruck eines Zusammentreffen der Hippie-Ideologie und dem bürgerlichen Amerika, nach dem Motto: Lange Haare sind okay, aber gepflegt müssen sie sein. Die vier Mitdreißiger von Phish haben kurze Haare, sind musikalisch jedoch vor allem vom LSD-Rock der 60erJahre à la […] mehr…
Eleventh Dream Day haben einiges weggesteckt in ihren nun schon zwölf Band-Jahren: Eine – zumindest außermusikalisch – ziemlich unerfreuliche Major Label-Erfahrung ebenso wie zuletzt das Engagement zweier Mitglieder in anderen Projekten, deren Anspruch immer über genügsames „Hobby“-Denken hinausging. Ohne die heilsamen Seitensprünge von Schlagzeugerin/Sängerin Janet Beveridge Bean (mit Freakwater) und Bassist Doug McCombs (mit Tortoise) […] mehr…
Fein, daß er noch vitriolischer geworden ist. Auf seinem Debüt war Ben Folds‘ Humor sarkastisch-knuffig, jetzt schöpft er aus den schwelgerischsten Harmonien, den abenteuerlichsten Sprüngen einen kauzigen Surrealismus. „One Angry Dwarf And Solemn Faces“ eröffnet den Reigen: die Beatles und Supertramp in einer Broadway-Produktion. Der Mann am Klavier, entfesselt. „Give me my money back, you […] mehr…
Licks wie Rasiermesser, die good old Wayne hier aus den Saiten drischt. DODGE MAIN hat Ex-MC5-Gitarren-Berserker Krämer sein neues Projekt getauft, mit dem er seinen verstorbenen Kollegen Fred „Sonic“ Smith und Rob Tyner noch einmal Tribut zollt Auf dem gleichnamigen Album (Alive 0025) werden die ehemaligen Mitstreiter auf drei Titeln noch einmal lebendig, und die […] mehr…
Van Morrison wird alt. Das biologische Schicksal teilt er mit anderen, die ein bißchen langweilig geworden sind. Aber Morrison ist ja kein anderer, er gehört zu den Göttern. Die Verehrung dieses Magiers eint Dichter wie Peter Handke, Uwe Kopf, Wiglaf Droste. Unvergessen, wie Handke, bevor er Serbien retten wollte, im „Versuch über den geglückten Tag“ […] mehr…
Steigt dieser Blues auf aus dem Getöse der Stadt? Oder dringt er nur aus dem Nebenraum? Wenn man die Musik von Morphine hört, kommen einem schon mal seltsame Fragen in den Sinn. Vom intimen Club-um-die-Ecke-Sound des Trios sollte sich niemand täuschen lassen, vom manchmal satten Bläserklang auch nicht. Der Sänger Mark Sandman versteht keinen Spaß, […] mehr…
So borniert es wäre, allen betont kultivierten Jazz für konterrevolutionär zu erklären – unter den Veröffentlichungen der letzten Zeit wirken irritierend viele verdammt gediegen. Bei Klaviertrios kann der kammermusikalische Charakter fast schon als Genre-immanent gelten. In diesem Sinne klassisch und nur gelegentlich etwas fade klingt das Blue-Note Debüt des Schweizer Pianisten „THIERRY LANG“. 3,5 Spannender […] mehr…
Sie haben angefangen als Teenager-Bluesband, in den Skitouristen-Pinten in und um Boulder, Colorado herum. Es ist deshalb verständlich, daß Sänger Todd Park Mohr, Rob Squires und Brian Nevin – geschätzte 400 000 Tour-Meilen später – der Versuchung nicht widerstehen konnten, die da bei den Sessions zu „Beautiful World“ gleich im Studio nebenan lockte. Und so […] mehr…
Schatz, laß uns den Martini doch auf dem Mond nehmen. Margaret Fiedler und Guy Fixsen, den beiden Köpfen hinter Laika, muß ein eigenes Kapitel in der Geschichte komischer Paare der Pop-Musik eingeräumt werden. Lounge Techno oder Future Listening kann ihr Entwurf elektronischer Musik genannt werden, der in die Zukunft weist, ohne seine Vergangenheit im Rock […] mehr…
Wie schizophren darf ein Songwriter sein? Eine Frage für Mr. GERRY GOFFIN. Der schrieb, damals noch gemeinsam mit Ex-Gattin Carole King, für die Byrds („Wasn’t Born To Follow“) und Aretha Franklin („Natural Woman“), raspelte aber bevorzugt Süßholz, zuerst für Girl- und Boy-Groups (Shirelles, Drifters etc.), zuletzt für Whitney Houston und Natalie Cole. Jetzt erleichtert Goffin […] mehr…
Wie es nah so ist, wenn die läge kürzer werden und die Schatten länger. David Bowie entdeckt die Elektronik, Bono entdeckt die Elektronik, und gemeinsam feiem sie dann Bowies Geburtstag mit Elektronik. Der eine macht nun in Drum’n’Bass (kein hämischer Scherz an dieser Stelle!), der andere in Disco (oder was er sich so darunter vorstellt, […] mehr…
Die fahrigen, verkrampften Bewegungen sowie die hektische, sich selbst überholende Sprache verraten den Manisch-Depressiven. Wie der noch unbekannte Akteur Geoffrey Rush den nervlich zerstörten Pianisten David Helfgott spielt, ist eine Sensation. Wohl um das Auschwitz-Trauma zu kompensieren, hatte sein Vater den Jungen rücksichtslos zum Wunderkind und unfreiwillig in den Wahnsinn getrieben. Erst nach zehnjährigem Klinikaufenthalt […] mehr…
John Travolta gelingt hier wohl einer der spektakulärsten Auftritte der jüngsten Filmgeschichte: Nur mit Boxershorts bekleidet, wankt ein verschlafener, bierbäuchiger Engel mit riesigen Flügeln auf dem Rücken die Treppe herunter – und greift sich an den Sack. Regisseurin Nora Ephron ist seit „Schlaflos in Seattle“ die Meisterin des hemmungslos schönsentimentalen Gefühlskinos – nun sendet sie […] mehr…
Also, Thomas Jahn soll zuletzt Taxi gefahren sein, Til Schweiger in einem Bücherladen getroffen und ihm eines seiner 16 Drehbücher gegeben haben, die er seit seinem 13. Lebensjahr geschrieben hat. Eine Biographie wie die des Videoverkäufers Tarantino, die zum Mythos taugt, eine amerikanische Karriere und Geschichte aus dem Geist des Kinos anstatt des Gewurschteis der […] mehr…
Für Tom DiCillo kann das Leben auf der Leinwand nicht skurril genug sein. Nach seinem zwerchfellerschütternden „Living in Oblivion“ läßt er nun einen Biedermann auf die Umwelt los. Wie John Turturo seine Rolle als pedantischer, verklemmter Ingenieur AI Fountain anlegt, ist einfach grandios. Als die Arbeit an seiner Baustelle eingestellt wird, mietet er – anstatt […] mehr…
In einem altersschwachen Doppeldecker fliegt ein Mann über die unendlichen Sanddünen der Sahara, mit einer scheinbar schlafenden Frau auf dem Vordersitz. Als deutsche Soldaten das Flugzeug abschießen, fallen die zwei brennenden Körper vom Himmel. Was wie eine altmodische Wüstenschnulze beginnt, wird nach dem Roman von Michael Ondaatje zum raffiniertesten Film des Jahres. Wie immer in […] mehr…
Shakespeare wäre der Popstar unter den Drehbuchautoren. Aber auch posthum als Klassiker ist er der meistverfilmte Dramatiker, nicht zuletzt wegen Kenneth Branagh, eines Shakespeare-Süchtigen, der anders und anderes nicht kann und im Sommer den „Hamlet“ auf der Leinwand gibt. Nach Al Pacinos Einführungskursus „Looking For Richard“ für kalauernde Kulturbürger nun eine Pulp-Slacker-Version von „Romeo & […] mehr…
Hongkong, nachts. Es regnet. Eine Kirche, schräg von unten gefilmt wie ein Gruselhaus. Es donnert, blitzt. Die Kamera schwebt durch das Portal auf den Altar zu, auf hunderte von Kerzen und einige weiße Tauben. Auf einer Bank sitzt ein Mann, lässig, aber nicht respektlos, und in seinem Gesicht liegt meditativer Fatalismus, reglos wie eine Ikone. […] mehr…