Patrick Wolf – The Magic Position

Meine derzeitige Lieblingsplatte. Vor allem der Titelsong hat sich in meinem Kopf eingerichtet, als wolle er von dort nicht so schnell verschwinden. Wer die beiden früheren Alben des 23-jährigen Wonderboys kennt, kann das vielleicht verstehen, aber nur zum Teil: Das Debüt „Lycanthrophy“ war Low-Tech-Electro-Pop im Geist von Charles Dickens und Peter Pan. Beim Nachfolger „Wind In The Wires“ überwogen die Schatten einer dunklen Folktronica, obwohl der Wille zum weltumarmenden Pop bereits spürbar war.

„The Magic Position“ ist nun so etwas wie die Einlösung eines Versprechens. Ein Versuch, Pop wieder so ernstzunehmen, wie Soft Cell, Dexys Midnight Runners oder ABC das in den frühen Achtzigern taten. Sich einerseits nicht zu verlieren im distinguiert Geschmäcklerischen und andererseits den Versuchungen des allzu Banalen zu widerstehen.

Das Cover ist in gewisser Hinsicht bezeichnend. Das Kindliche steht als Metapher im Vordergrund: die leuchtenden Farben, die niedlichen Tiere, überhaupt das System Jahrmarkt. Und dann dieser gutaussehende rotgefärbte Junge, der ebenso freundlich wie kokett auf seinem Rehlein hockt. „You were my husband, my wife, my heroine“, singt er im anbetungswürdigen „Bluebells“, und man ahnt, dass ihm das Geschlecht seiner Partner herzlich egal ist. Aber ja, natürlich klingt „The Magic Position“ irgendwie schwul. So glücklichmachend schwul, so gay, dass man an einen ganz bestimmten „Charming Man“ denken muss. Patrick Wolf würde sicherlich ebenfalls nur ausgehen wollen mit einer exzentrisch geschmackvollen Garderobe am Leib.

„Magpie“ ist dann die große traurige Ballade über einen gestohlenen Hochzeitsring, ein Duett mit Marianne Faithfull in der Rolle der Elster. Was wäre Pop ohne solch intime Momente? Wo Wolfs Violine Fragezeichen in den wolkenverhangenen Himmel zeichnet und die bunten Farben plötzlich verschwunden sind, weil eben auch das zum Leben gehört. Der Chart-Pop kennt diese Momente nicht, weil er nicht nur das Glück, sondern auch das Unglück banalisiert.

Der „Secret Garden“ ist dann voller fleurs du mal und so etwas wie der wildwuchernde Krach-Song der Platte, wohl der versuchte Beweis, dass der Künstler für das Major-Label nicht die Seiten gewechselt hat. Unnötig, denn auch „The Stars“ funkelt so eigenwillig zwischen Streichquartett und alten Modular-Synthesizern, dass kein Vergleich Sinn ergibt. Von der Haltung her (und zum Teil auch musikalisch) ist Patrick Wolf allerdings viel näher an Antony & The Johnsons, Arcade Fire und CocoRosie als an den Scissor Sisters oder gar Mika. Auch wenn ich mir wünschen würde, dass „The Magic Position“ so oft im Radio läuft wie „I Don’t Feel Like Dancin'“. Mindestens.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates