Paul Geremia – Self Portrait In Blues
Das allgemeine Blues-Revival hat leider eine wunderschöne Spielart fast schmählich vernachlässigt: den akustischen Blues. Zwar konnte wenigstens Ted Hawkins nach langen Jahren auf obskuren Mini-Labels im letzten Jahr einen Major-Deal ergattern, aber selbst ein so Großer wie Dave Van Ronk kreist nur bei wenigen Eingeweihten auf dem Plattenteller.
Gut zu wissen aber, daß jetzt auch hierzulande Enthusiasten wie die Leute von Shamrock existieren, die dem akustischen Blues eines Paul Geremia bereits zum zweiten Mal eine Chance geben. Denn die Alben, die er in den 80er Jahren für Flying Fish aufnahm, dürften hier wohl kaum jemandem zu Ohren gekommen sein.
Der Gitarrist Paul Geremia, der nebenbei noch Mundharmonika und Klavier spielt, begann seine musikalische Laufbahn in den frühen 60er Jahren, einer Zeit, die es ihm noch ermöglichte, mit solch legendären Blues-Heroen wie Mississippi John Hurt oder Skip James zusammenzutreffen. Und schon damals zeigte sich Geremia experimentierfreudig, indem er etwa den Blues mit Ragtime-Elementen auffrischte.
Auf „Self Portrait In Blues“ hat Paul Geremia ein paar alte Kämpen um sich geschart; allen voran den 85jährigen Blues-Geiger Howard Armstrong, der als einer der Letzten seiner aussterbenden Profession gilt. Und den Standbaß bearbeitet Rory McLeod mit derart percussiver Verve, daß ein Schlagzeug keine Sekunde lang vermißt wird.
Neben den Cover-Versionen von Klassikern solcher Altmeister wie Skip James, Blind Willie Mc Teil oder Leadbelly, die dank Geremias akustischer Interpretation regelrecht Swing bekommen, bestechen vor allem seine eigenen Songs. Daß etwa ein schwarzer Musiker mit einem Song namens „Henry David Thoreau“ ein heiteres Hohelied auf diesen Schriftsteler und sein systemverweigerndes „Walden“-Werk anstimmt, dürfte Blues-Puristen arge Kopfschmerzen bereiten.
Paul Geremia straft mit diesem fast als flott oder munter zu bezeichnenden Album all jene Auguren Lügen, die da behaupten, Blues-Musik müsse stets so klingen, als sei sie unter konspirativen Bedingungen und steter Furcht vor Entdeckung durch den brutalen Sklaventreiber in einem Baumwollpflücker-Camp in Alabama entstanden. No, Siree!