Paul Simon – Songbook
Nach der gleichgültigen Rezeption von „Wednesday Morning 3 AM“, seiner ersten Platte mit Art Garfunkel, zog Paul Simon 1965 nach London, um dort die „Underground-Folk-Szene“ zu studieren. Derweil nahm er diese Lieder auf, traditionalistisch, puristisch und nur zur akustischen Gitarre gesungen. Bekanntermaßen elektrifizierte der Produzent Tom Wilson „The Sound Of Silence“, woraufhin aus dem zarten Stück ein robuster Hit wurde. Simon war zunächst nicht amüsiert, kehrte dann aber doch in die USA und zu Garfunkel zurück.
„The Sound Of Silence“ ist in der Ur-Fassung auch auf „Songbook“ enthalten. Der typischste Bedsitter-Song von Simon, „I Am A Rock“, ist eine Beschreibung der Beobachtersituation des scheuen Poeten, der sich in seinem Zimmer verschanzt. Auch die Naturlyrik – „Leaves That Are Green“, „The Side Of A Hill“ – ist voller Unschuld, das Liebeslied „Kathy’s Song“ von zaghaftem Begehren. An der Oberfläche passiert nicht viel in diesen kurzen Stücken, doch darunter öffnet sich die idiosynkratische Welt Simons, die schon auf das filigrane Meisterwerk „Hearts And Bones“ vorausweißt.
Man kann fragen, ob die Pop-Politur (und erst recht der Bombast von „Bridge Over Troubled Water“) Simons Musik nicht Gewalt antat. „A Simple Desultory Philippic“ ist übrigens eine glänzende und witzige Dylan-Parodie – von einem Mann, dessen Humorlosigkeit legendär ist „Songbook“ war im Jahr von „Bringing It All Back Home “ natürlich eine Platte von gestern – der Songwriter aber hatte eben begonnen.