PAUL SIMON – SONGS FROM „THE CAPEMAN“ :: Too Pure/RTD

Auwawauauawauawa – so beginnen die Alben von Paul Simon seit 15 Jahren. Freilich gab es kaum Alben von Paul Simon in den letzten 15 Jahren. Jetzt gibt es wieder eines, und ein Konzept gibt es auch: „Songs Frorn, The Capeman'“ präludiert einem angekündigten Musical, das natürlich auf einer „authentischen Geschichte“ gründet: „Capeman“ nannte man ein Ghetto-Kid in New York, das 1959 wegen Mordes zum Tode verurteilt wurde. Was läge näher, als im Jahr 1997 ein Großwerk daraus zu machen, an dessen Texten der Schriftsteller Derek Walcott mitwirkte. Walcott, wir erinnern uns, hat mal den Nobelpreis gewonnen, Simon ganz viele Grammys und Gutmenschen-Preise.

Ist auch „Songs From ‚The Capeman'“ gut? Diesmal wildert Simon nicht in Afrika, sondern in Lateinamerika, denn „Capeman“ Salvador Agron war Puerto-Ricaner. Deshalb singt Paul Simon: „I was born in Puerto Rico, came here when I was a child.“ Klingt wie Kitsch und ist es auch. Dazu werden behutsam die Laute und die Percussion geschlagen, Bläser jubilieren, Latino-Chöre tönen vollmundig. „Graceland“ als Ghettoland. „Diamonds On The Soles Of Her Shoes“ heißt hier „Satin Summer Nights“ und macht Andrew Lloyd Webber neidisch.

„The Capeman“ klingt so gottverdammt konstruiert, als hätte Simon ein Jahrzehnt daran gearbeitet. Und was lesen wir?,.Paid Simon begann mit der Arbeit schon zu Beginn des Jahrzehnts.“ Aber Quark wird nur breit. Musikalisch, das sei gesagt, ist selbstverständlich alles erstklassig und geschmackvoll Doo-Wop ist auch drin! Das Aufregendste an der Platte: Simon singt mehrfach „fuckin'“ – natürlich nur, um das rauhe Klima unter Jugendbanden zu illustrieren.

Lateinamerika wird es dem Entwicklungshelfer wohl danken, obwohl Simon alles Lateinamerika verdankt. Wenn die Schatten länger werden und die Ideen dünner, wendet sich der Künstler dem Exotismus zu, siehe auch David Byrne. Das ist der Weg alles Irdischen. „Time“, sagt der Künstler dann, „is an ocean.“ Für Touristen und Kaminbesitzer.