Paul Weller :: Studio 150

Eher liest einer morgens aus seinen Corn Pops die Zukunft, als dass er aus der Trackliste dieser Cover-Versionen-Platte erschließen könnte, was Paul Weller uns hier eigentlich sagen will: Stücke der Folk-Abkömmlinge Tim Hardin und Gordon Lightfoot, der redlichen Soul-Männer Gil Scott-Heron und Aaron Neville, der großköpfigen Sister Sledge und Rolls Royce, Standards von Neil Young und Bob Dylan, ein Northern-Soul-Saphir, ein Bacharach-Lied, das die Carpenters am bekanntesten gemacht haben.

Keine Faces. Kein Reggae! Kein Kopfnicker an die Leute, die er kürzlich für seine Geschmacks-Compilation in der „Under The Influence“-Reihe ausgewählt hat (Little Richard, John Coltrane, Marvin Gaye, Bob Marley). Weller sagt, er habe absichtlich Stücke ausgewählt, die ihm nicht so nahe standen, denn Lieblingssongs hätte er wenig hinzufügen können. Das ist lustig und vielleicht sogar wahr.

Aus lauter Erleichterung darüber, dass mal einer sein Cover-Album nicht ab eitle Dankbarkeits-Wohltat an Jugend-Idole oder very special people herausstreckt, vergisst man fast: Weller hat seinen Vorbildern längst gedankt, hat sie überdeutlich zitiert oder ihre Lieder gesungen, meistens auf B-Seiten und nicht übel. „Studio 150“ ist also weder eine echte Hommage noch ein Wettbewerb, in dem Weller gegen vertrautes Allgemeingut antritt, auch kein Gimmick. Und wenn er einfach nur eine pfiffige Joker-Runde ohne Songschreibe-Stress spielen wollte, gönnen wir es dem Stahlarbeiter, denn dies ist seine Easy-Listening-Platte. Ein harmonisches Vergnügen, mit entspannten Muskeln und kleinen Fehlern gespielt, im Live-im-Studio-Stil abgemischt Wer in Wellers Werk zuletzt den luftdurchlässig swingenden Soul-Jazz der ersten Solo-Alben vermisst hat, kann sich über vieles hier freuen.

Hardins „Don’t Make Promises“ spielen er und die bekannte Band als Straßenecken-Gruppe mit Besen, Standbass und Parade-Bläsern. Gil Scott-Herons „The Bottle“ hat eine wieselschnelle Wah-Wah-Gitarre und eine Querflöte, „Black Is The Colour“ singt Paul Weller rührend in den Rollkragen hinein, die Musik ist Folk mit Geige und Mandoline. Nicht alle Stücke sind glücklich gewählt: „One Way Road“ ist eine schwache Oasis-B-Seite, die er nicht besser machen kann. Der Wunsch in „Wishing On A Star“ (I feel it’s time for us to make a baby“) klingt zwar dringender als im Spülbad von Rolls Royce, aber als Sänger ist Weller hier überfordert. Bacharachs „Close To You“ hängt trotz aller Pfingstschönheit tief im Schmalz, und statt den Blueszelt-Frauenchor aus „All Along The Watchtower“ herauszulassen, hat er ihn gleich ganz an den Anfang gestellt. Neil Youngs „Birds“ ist danach so gelungen, weil es zeigt, wie Wellers oft verspottete Knochigkeit einem fremden Song zugute kommen kann: Sie holt das Entrückte auf den Boden zurück, wo es auch gut aussieht, wo man mit ihm zusammen Fußball spielen kann.

Im Genre Cover-Album eines der besseren, im Weller-Werk ein süß klingendes Nebenprodukt, was auch sonst?

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates