Paul Westerberg – Eventually :: Reprise/WEA

Paul Westerberg Reprise/WEA ¿ am the day that no one needs they never call no one like me“, gesteht Paul Westerberg gleich zum Auftakt in „These Are The Days“. Und es entbehrt nicht einer gewissen, durchaus bitteren Ironie, daß er damit auch seine späte Karriere zu beschreiben scheint. Während die, die sich nicht zuletzt von seinen Replacements inspiriert fühlten, an der Registrierkasse locker an ihm vorbeizogen, durfte der Songwriter und Sänger der legendenumwobenen Teenage-Rebellen aus Minneapolis immerhin noch den Soundtrack („Singles“) zum komödiantisch ausgeschlachteten Seattle-Hype liefern. Und die Solo-Karriere dümpelte so vor sich hin. Aber das Versprechen, das Paul Westerberg 1990 mit dem grandios-zerrissenen Replacements-Abgesang „AU Shook Down“ gegeben hatte, vermochte er ja auch nie ganz einzulösen. Bemüht, ohne allzu bemüht zu wirken, ist er auch auf „Eventually“: „Ain’t Got Me“, eine vielleicht allzu selbstgefällige Übung in Kulturpessimismus, wartet mit costelloesken Schlenkern auf, „Trumpet Clip“ marschiert furios und doch zum rechten Zeitpunkt schaumgebremst; anderes („Love Untold“, „Once Around The Weekend“) ist hübsche, aber bloß vertraute Variation des ersten Solo-Albums „14 Songs“ von 1993. Andererseits: Konnte und kann man Westerberg nicht gerade deshalb lieben, weil er nicht gänzlich in die Pose des reifen Songwritersverfiel und uns gesetzte Schlaumeiereien ä la „Time Flies Tomorrow“ im großen Stil erspart? Die Bremse ist bei Westerberg natürlich ein Gaspedal. Und das findet er immer noch rechtzeitig, um „3 minutes of whack“ (Westerberg) wie den rasenden Rotz eines „You’ve Had It With You“ (genialer Titel) rauszuhauen. Dennoch: Das Patent auf verführerisch-einfache Melodien („Angels Walk“, „Century“) gebührt ihm längst. Und der Tenor bleibt, besonders in der zweiten Hälfte, ein eher kontemplativer. Dabei formuliert Westerberg im schlichtmelancholischen „Mama Daddy Did“ schöne Ambivalenzen: Respekt vor den Erzeugern und die Entschiedenheit, es ihnen doch nicht gleichzutun. Und dabei wohl auch stille Trauer über den Verlust von Kindheit. Ein Thema, das auch das gebrochene „Hide N Seekin'“ durchzieht, in dem sich „you’re lookin* terrible“ schön auf „you speak in parabels“ reimt, um den communication breakdown perfekt zu machen. Am Ende ist Paul Westerberg dann doch wieder bei den Tagen gelandet. Ein guter Tag, das sei jeder, an dem man überhaupt lebendig sei. Wobei das englische alire die Ambivalenz des Ganzen doch besser wiedergibt als die Übersetzung. Dazu schwelgen Streicher, das Piano klimpert träge-versonnen. Und demnächst vielleicht doch ein Gospel-Album, Paul? Jörg Feyer

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