Pearl Jam – Backspacer

Island (Universal)

Die ersten Minuten verheißen noch nichts Großes. „Gonna See My Friend“ reimt desire auf retire, mantra“artig wiederholt Eddie Vedder im Refrain den Songtitel, die Gitarren bratzen dazu auf altbekannte Weise. Am Ende waren bei Pearl Jam die schnelleren (Punk“)Rocksongs nie die, an die man sich jahrelang erinnert. Doch dann gelingen der Band bei ihrem neunten Studioalbum, glücklich wieder vereint mit Produzent Brendan O’Brien, endlich noch einmal Lieder, die man nicht nach wenigen Monaten zur Seite legen wird, um doch lieber wieder „Ten“ oder „Yield“ aufzulegen.

So ist „Got Some“, in dem Musik wie Rauschgift verschachert wird und Vedder am Ende tatsächlich „Let’s go!“ ruft, kein leeres Versprechen. Nach all den Jahren, in denen sie ein bisschen verbissen gegen Bush und für Umweltschutz wetterten, löst sich plötzlich der Knoten und es kommt zum Vorschein, was man live immer sah: eine befreit aufspielende, ja fast gut gelaunte Band. „When something’s dark, let me shed a little light on it/ When something’s cold, let me put a little fire on it“ – der programmatische Beginn von „The Fixer“ gibt die Richtung vor, das dynamische „Johnny Guitar“ macht so weiter: Seit bestimmt einer Dekade klangen Pearl Jam nicht mehr so optimistisch und lässig. Und das ist erst der Anfang.

Mit „Just Breathe“, sagt Vedder, kommen Pearl Jam „so nahe an ein Liebeslied heran wie noch nie“. Eine zart gezupfte Akustik Gitarre begleitet ihn, die Stimme wurde so weit in den Vordergrund gemischt, dass man die Zeilen fast überdeutlich hört: „Oh I’m a lucky man/ To count on both hands the ones I love/ Some folks have just one…/ Stay with me, let’s just breathe.“ Jede Minute Glück genießen, keine Zeit mehr verschwenden – das ist schon lange ein Lieblingsthema Vedders, doch diesmal ist ihm dazu auch eine entsprechend unverzagte Melodie eingefallen. Vielleicht hat ihn die Arbeit an dem Solo“Soundtrack“Album „Into The Wild“ beflügelt, vielleicht hatte er einfach einen Lauf – es sind auf jeden Fall vor allem Vedders Kompositionen, die beeindrucken und berühren: „Unthought Known“ beginnt ähnlich wie „Wishlist“ und entwickelt sich dann auch zu einem instant classic mit viel Drive und diesem bebenden Gesang, der einem immer wieder durch Mark und Bein geht. Das elegische „Speed Of Sound“ fesselt gerade durch seinerelative Schwermütigkeit, in die immer wieder Licht einfällt.

Stone Gossard steuert das hymnisch treibende „Amongst The Waves“ bei und „Supersonic“, das mit viel Wumms und einigen „yeah yeah yeahs“ die ungebrochene Liebe zur Musik ausdrückt, Mike McCready unterstützt mit „Force Of Nature“ den Gesamteindruck: Bei Pearl Jam ist die Welt wieder in Ordnung. Konsequent, dass Vedder zum Abschluss noch mehr Liebe ausschüttet – und bei „The End“ um Beistand bittet: „Give me something to echo in my unknown future/ My dear, the end comes near/ I’m here, but not much longer.“

Dabei scheint das Ende jetzt doch ferner denn je.