Pearl Jam – Live On Ten Legs
Der Live-Mitschnitt für Sparsame: Pearl Jam feiern sich selbst.
Es gibt sie ja wirklich. Jene Pearl-Jam-Freunde, die noch jeden Live-Mitschnitt ihrer Lieblinge horten. Seit vielen Jahren bereits veröffentlicht die amerikanische Band im Prinzip sämtliche Konzerte auch als Live-Album respektive persönliche Erinnerung für jene, die dabei gewesen sind. Zunächst konnte man die schnöden Pappschuber mit der Aufschrift Berlin/New York/London/Tokio etc. noch im Laden kaufen, inzwischen bestellen Aficionados ganze Jahres-Editionen über die Website.
Für weniger Sammelwütige erscheint mit „Live On Ten Legs“ nun eine Art Light-Lösung: 18 Mitschnitte der Tourneen der Jahre 2003 bis 2010, neu abgemischt und remastert, also praktisch ein Best-Of-Bootlegs. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Nachdem sie längere Zeit im – durchaus beträchtlichen! – eigenen Saft schmorten, gelang Pearl Jam 2009 mit „Backspacer“ mal wieder ein Album, mit dem sie sich auch bei Nicht-Eingeweihten in Erinnerung brachten. Inspiriert und drängend erinnerten jene Songs daran, warum Pearl Jam die einzigen Überlebenden der letzten großen Umwälzung der Rockmusik sind. Und so feiert die Band mit „Live On Ten Legs“ nun sich selbst, die Fans, das Leben, die Musik – und natürlich das 20. Bandjubiläum.
Es sind die Songs aus „Backspacer“, die auch hier hervorstechen. Die Live-Band Pearl Jam geht im Prinzip immer beseelt zu Werke, ein schlechtes Konzert hat man noch nicht gesehen. Das erkennt man nicht zuletzt daran, wie sehr die Mitschnitte aus immerhin sieben Jahren hier wie aus einem Guss wirken. Trotzdem: Wie inbrünstig Eddie Vedder „UnthoughtKnown“ singt, mit welcher Brachialgewalt die Band „GotSome“ spielt oder wie die zart flehende Liebeserklärung „Just Breathe“ selbst gegenüber der superben Albumversion noch einmal gewinnt, das zeigt doch, wie sehr sich die Band auch selbst kreativ wiedererweckt und revitalisiert hat.
Natürlich gibt es auch Pearl Jam by numbers: Andere mögen den Unterschied dieser Versionen der alten Live-Favoriten „State Of Love & Trust“ oder „Yellow Ledbetter“ erkennen, den meisten wird er verschlossen bleiben. Und dass die Coverband Pearl Jam mit Vorliebe alten Punk-Heroen wie Strummer und Lydon frönt, ist zwar ein netter Zug. Bei einem derart beeindruckenden Katalog hätte man gut auf „Arms Aloft“ und „Public Image“ verzichten können. Aber dann kommt eine siebenminütige Fassung von „Rearview Mirror“, hört man endlich wieder „Jeremy“, gerät „In Hiding“ hypnotisch und „Nothing As It Seems“ eindringlich – und man weiß wieder, warum man diese bei vielen ungeliebte Band stets verteidigt hat.