Philip K. Dick – Unterwegs in einem kleinen Land

Der Science-Fiction-lnnovator Philip K. Dick hat am Anfang seiner Karriere ein paar realistische Romane geschrieben, die er wohl auch wegen ihrer unkonventionellen Moral in den bigotten Fifties nicht an den Verlag bringen konnte. So auch dieses bereits 1957 entstandene, aber erst postum 1985 und jetzt erstmals auf deutsch erschienene Buch. Roger ist ein kleiner, in Gesellschaft unsicherer Fernsehtechniker, der sich von seiner versnobten Frau Virginia ebenso aufs Blut reizen wie einschüchtern lässt. Er stürzt sich in eine Affäre, Virginia erwischt ihn in flagranti und bringt mit List und Tücke und mit der bürgerlichen Moral auf ihrer Seite – das Geschäft an sich und verhindert so auch die drohende Scheidung. Am Ende macht sich Roger auf und davon. Dick porträtiert mit überschaubarem Personal eine Gesellschaft im Umbruch, einerseits noch gefangen in den Ehrvorstellungen und Konventionen der Altvorderen, aber doch auch schon mit der Nase im Wind, mit einer entfernten Ahnung davon, dass es sich auch anders leben lassen müsste. Aber der Roman ist nicht nur als mentalitätgeschichtliches Dokument der frühen Fünfziger von einigem Interesse, Dick zeigt sich hier bereits als versierter, seiner Mittel sicherer Romancier, der etwas Exemplarisches erzählen kann, ohne seine Figuren zu bloßen Stellvertretern der Idee zu machen. Und obwohl er hier fast ausschließlich Banalitäten aus der kalifonischen Mittelschicht beschreibt, erzeugt das Buch einen unterschwelligen nervösen Sog, so als bilde es den fiebrigen Zeitgeist narrativ ab. (22 Euro)

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