Placebo :: Black Market Music

Die dritte LP: ein Meer von Tränen, Scherben, zerbrochenen Träumen

Vor ungefähr viereinhalb Jahren kursierten hier zu Lande die ersten Bilder der Band Placebo, und schon damals entstand das Gefühl, es hier mit etwas Neuem, Einzigartigen zu tun zu haben. Im Beisein der Freundin rutschte einem ein „Die sieht ja toll aus!“ heraus, bevor man feststellte, dass es sich bei dem androgynen Cross-Dresser Brian Molko um einen Mann handelte.

Das letzte Lebenszeichen, „Without You I’m Nothing“, glich einem Hilferuf. Was haben wir geweint! Denn im Schatten der drei allseits bekannten, fulminant losrockenden Hit-Singles wurden die elegischen Verzweiflungstaten „The Crawl“ oder „My Sweet Prince“ beinahe vergessen. Dabei kam kaum jemand dem Robert Smith aus „Pornography“ oder „Faith“-Tagen so nah wie Molko. Jetzt ist das multinationale Trio wieder da – und mit ihm ein Meer von Tränen, Scherben und zerbrochenen Träumen. Und einem Gast-Rapper, den es nicht gebraucht hätte, der aber nicht weiter stört, weil nur auf einem Lied zu hören.

Doch lauschen wir gespannt dem Rest: Das zwingende „Days Before You Came“ erinnert an „You Don’t Care About Us“, ist aber noch besser, während in „Passive Aggressive“ zu Molkos gewohnt schneidenden Vocals mal laut, mal leise, geschickt Spannung erzeugt wird. In „Black Eyed“ fleht der Sänger dergestalt, dass wir uns beinahe Sorgen machen müssen. „Commercial For Levi“ kommt fast schon beschwingt daher, und Molko singt dann „Please don’t die“ dazu. „Slave To The Wage“ hätte auch wunderbar auf die beiden ersten Placebo-Alben gepasst, und mit „Narcoleptic“ und „Peeping Tom“ stehen zwei ruhige, aufwühlende Oden am Schluss von „Black Market Music“.

Im schönsten der zwölf Songs, „Blue American“, einer gravitätischen, von Piano-Klängen getragenen Ballade, beteuert Molko „I wrote this novel just for you“. Voller Sentiment und Unsicherheit singt er diese Worte und führt uns schnurstracks in die Vorhölle. „Black Market Music“ ist weder Film noch Literatur, doch Brian Molko ist diesmal Timm Thaler, Holden Caulfield und Edward mit den Scherenhänden. Und wir brauchen ihn. No surface, all feeling.

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