Project X :: Regie: Nima Nourizadeh

„I don’t care, hand on the wheel, drivin‘ drunk, I’m doin‘ my thang/ People told me slow my roll, I’m screaming out fuck that, fuck that, fuck that …“ Steve Aokis House-Remix von Kid Cudis „Pursuit Of Happiness“ ist das Leitthema dieses Films, der vordergründig nach einer üblichen Teenklamotte klingt, das Genre aber radikal dekonstruiert. Ohne tiefe Moral wird hier ein Hohelied auf die kurze Phase des pubertären Exzesses angestimmt.

Thomas (Thomas Mann) ist 17 geworden und übers Wochenende allein zu Haus. Der Vater schärft ihm, bevor er geht, ein, dass Arbeitszimmer und Mercedes tabu sind. Außerdem seien maximal fünf Gäste erlaubt. Sein Kumpel Costa (Oliver Cooper) sieht allerdings in der sturmfreien Bude die Gelegenheit, Thomas und sich in der Schule populärer zu machen. Der umtriebige Schwätzer streut überall das Gerücht, beim coolsten Typen von Pasadena würde „the most epic party of all time“ starten. Aufgeregt warten die beiden am Abend zunächst allein vor der Tür. Dann halten die ersten Autos, steigen die ersten aufgepimpten Mädchen aus. Thomas und Costa grinsen. Let the beats roll. Fuck that!

Was mit den klassischen Außenseitern eher behäbig begonnen hat, kippt in diesem Moment  in einen von exzellenten House-, Dubstep- und HipHop-Tracks angetriebenen Mahlstrom der totalen Enthemmung. Es wird getanzt und barbusig im Pool geplantscht, gesoffen, gekotzt, gevögelt und auf den Boden gepisst. An die Tausend Feierwütige drängen sich in Haus und Garten. Zwei schmalbrüs­tige Kung-Fu-Kids als Security legen sich mit einem gener­v­ten Nachbarn an, der kleine Familien­hund wird in dem Chaos zum unfreiwilligen Running Gag. Thomas schwankt zwischen Euphorie und Panik, als das erste Fenster zu Bruch geht. Und auf dem Mercedes wird im Rhythmus der Musik gewippt.

Der Vorwurf, der britische Regisseur Nima Nourizadeh, der zuvor nur als Musikclip- und Werbefilmer bekannt war, stelle hier bedenkliches Komasaufen in verführerischer Werbeästhetik aus, wäre ein bisschen zu kurz gegriffen. Vielmehr zeigt er in „Project X“ mit anarchischer Konsequenz die von jeder Verantwortung losgelös­te Lust der Jugend. Wenn Thomas erschöpft aufs Dach steigt, im Lichtkegel des Scheinwerfers eines Polizeihelikopters den Mittelfinger reckt und dann in eine Gummiburg springt, ist das eine Sekunde ultimativer Freiheit.

Nourizadeh und sein Drehbuchautor Michael Bacall kommentieren oder korrigieren das Verhalten der Jugendlichen nicht, sie heben die surrealen Momente von Spring Break und Punk, Riot und Flashmob, DJ- und Clubkultur hervor. Vor allem visuell sprengt ihr Film mit immer schnelleren Schnitten und Schlaglichtern alle Standards. Viele der Szenen sieht man als Zuschauer durch den Camcorder von Dax (Dax Flame) oder die Smartphones anderer Partygäste. Ein Found-Footage-Look also, der unter anderem das „The Blair Witch Project“ und J.J. Abrams irre Mockumentary „Cloverfield“ zitiert, die ebenfalls von einer Party ausgehend in eine völlige Verwüstung führt.

Doch die wichtigste Referenz für „Project X“ dürfte Blake Edwards legendäre Komödie „The Party“ (dt. „Der Partyschreck“) von 1968 sein. Da ruiniert Peter Sellers als ungewollter Gast das Dinner eines Hollywood-Moguls. Am Ende steht ein Elefant in der Villa, alles unter Wasser und die Polizei vor der Tür. Der damals subtilen Zersetzung und Henry Mancinis kongenialem Soundtrack hält Nourizadeh zwar eine taumelnde und lärmende Zerstörungsorgie entgegen. Die Komik darin aber geschieht ebenso beiläufig. 

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