Ramones

Rocket To Russia

Das berühmte dritte Album der New Yorker Punk-Ikonen in der 40th Anniversary Edition mit zahlreichen Raritäten

Als Guy Peellaert 1973 die Rolling Stones in „Rock Dreams“ in SS-Uniformen (und in Gesellschaft sehr minderjähriger Mädchen) porträtierte, war das sein ironischer Beitrag zum damals aktuellen „Nazi-Chic“. Mit ebendem flirteten die Ramones Jahre später unironisch sehr heftig in „Today Your Love, Tomorrow The World“ mit Versen wie „I’m a Nazi, schatze/ You know I fight for fatherland“. Den Song in der ursprünglichen, nicht zensierten Fassung gab die Plattenfirma erstmals für die Jubiläumsedition des Debüts im Herbst 2016 frei. Weil sich das zweite Album, „Leave Home“ (nur Platz 148 der „Billboard“-Charts), noch schlechter verkauft hatte, gewährte sie den Produzenten Tommy Ramone und Tony Bongiovi ein Budget von 30.000 Dollar.

https://www.youtube.com/watch?v=p2tr5KsFRzY

„Rocket To Russia“ sollte den kommerziellen Durchbruch bringen, den Sire-Records-Boss Seymour Stein und die Band als überfällig betrachteten. Dafür hatte sie offenbar die bislang beste Songkollektion reserviert. Der Furor, mit dem man sie aufführte, wurde nicht durch erstmals praktiziertes Playback ausgebremst. Tonmeister Ed Stasium mischte die Aufnahmen – mehr als ein halbes Dutzend Punkrock-Klassiker wie „Teenage Lobotomy“, „Sheena Is A Punk Rocker“ und „Why Is It Always This Way?“ – so perfekt ab, dass sie diesmal in der ganzen Dynamik in Langspielrillen geschnitten werden konnten. Der Geschichte, die der letztgenannte Song erzählt – von dem Mädchen, das Selbstmord begangen hat, erfahren wir: „Now she’s lying in a bottle of formaldehyde“ –, konnte man problemlos folgen! Professionell produziert waren auch die rasantesten Ohrwürmer wie „Rockaway Beach“, derselbe „good clean fun“ wie die Coverversionen von „Surfin’ Bird“ oder „Do You Wanna Dance?“. Für ein paar Sekunden verwendete Stasium bei „Here Today, Gone Tomorrow“ tatsächlich Phasing!

Soviel Nonsens-Pop wie bei „Surfin’ Bird“ von den Trashmen gestatteten sich die Ramones nie wieder, zweieinhalb Minuten Nostalgietrip, kein „Nazi-Chic“ weit und breit. Im Konzert klang das alles allerdings wieder ungleich entfesselter, wie der famose Mitschnitt vom Dezember 1977 in Glasgow auf der dritten CD dokumentiert. Ein Füllhorn für Fans ist das Set auch wegen des Albums in komplett neuem (mehr stereophonem) Stasium-Remix auf der ersten CD, aber auch wegen der frühen Roh- und der Alternativ-Mixes auf der zweiten. „Here Today, Gone Tomorrow“ als Akustik-Demo ist die allerliebste Ramones-Rarität. (Rhino)

https://www.youtube.com/watch?v=Y2yQwqcF_Os