Replays 1 von Franz Schöler
Anstatt nur an den Symptomen herumzudoktern, entschied man sich beim Sony-„Legacy“-Department im Fall der vier jetzt vorliegenden Remaster-Editionen der BYRDS für eine gründliche Generalüberholung. Also mischte Vic Anesini nicht nur sämtliche Aufnahmen der Alben „Mr. Tambourine Man“ (Columbia 483705 2, 5,0 ), „Turn! Turn! Turn!“ (483706 2, 4,0 ), „Fifth Dimension“, 483707 2, 4,0 ) und „Younger Than Yesterday“ (483708 2, 5,0) von den originalen Session-Multitracks komplett neu ab, sondern dazu gleich auch noch die mehr als zwei Dutzend Bonus-Tracks. Mit dem Ergebnis, daß das alles noch mal besser klingt als zuvor auf der „Never Before“-Kompilation und den vier CDs des Box-Set! Ein Muß sind diese CD-Remakes sowieso für jeden Byrds-Fan, weil er unter den Bonus-Tracks zehn bislang noch nie irgendwo veröffentlichte Aufnahmen findet. Darunter wiederum mehr als ein halbes Dutzend fabelhafter Gene-Clark-Kompositionen! Und dazu als „geheimen“ letzten Track auf „Younger Than Yesterday“ ein hinreißendes Psychedelic-Instrumental sowie ebenfalls ungenannt – nach dem letzten Bonus-Track von „Fifth Dimension“ 14 Minuten durchaus hörenswerte Interview-Schnipsel, vermutlich bei einem Radio-Auftritt von McGuinn & Co. aufgezeichnet. David Crosbys „Mind Gardens“ gibt’s hier allen Ernstes zum erstenmal überhaupt in der ungekürzten, nämlich nicht um 19 Sekunden zu früh ausgeblendeten Master-Fassung. Diverse A- und B-Seiten von Singles in Stereo-Mischungen. Aber von „Turn! Turn! Turn!“ anstelle des Stereo-Remix, den man extra für das Box-Set produziert hatte, bizarrerweise nur die ursprüngliche Mono-Version. Wieso, verschweigen die ansonsten vorzüglichen Liner Notes und Kommentare zu jeder Aufnahme. Was nichts an der Tatsache ändert, daß diese Neu-Auflagen das klangtechnische Nonplusultra an Remaster-Qualität überhaupt repräsentieren. Apple Records-Boß Neil Aspinall sollte sich ein Beispiel daran nehmen, hingehen und desgleichen tun! Dann gäbe es das Beatles-Gesamtwerk am Ende schließlich doch mal in bestmöglicher Klangqualität.
Ein wunderschönes Sammler-Teil ist dank der Schwarzweiß-Fotos, die Alfred Wertheimer vom jungen ELVIS PRESLEY machte, die Kompilation „Elvis 56“ geworden – in der limitiert aufgelegten Vinyl-Edition ob des großen Formats (RCA 07863 66817 1) sogar mehr noch als in der ebenfalls angebotenen Luxus-CD-Variante. Unter den 22 Aufnahmen findet man als „Schmankerl“ (oder wenn man will: den Speck, mit dem man sprichwörtlich Mäuse fängt) das zufällig wiederentdeckte, nie vorher veröffendichte Take 5 von „Heartbreak Hotel“. Der Song, der – wie die übrigen hier auch – nochmal belegt: 1956 war Elvis der Größte! 5,0
Noch ein Sammler-Teil – in diesem Fall in jeder Beziehung das absolut definitive! – ist die Doppel-CD „Out Of The Blue“ (A & M 540 408-2). Denn der für Zusammenstellung und – tolle! – Liner Notes verpflichtete Sid GrifHn sorgte bei dieser „Best OP-Retrospektive der FLYING BURRITO BROTHERS selbstverständlich dafür, daß das Meisterwerk „The Filded Palace Of Sin komplett übernommen wurde. Wärmster Dank gebührt im übrigen dem ungenannten Tonmeister, der für die Überspielungen hier verantwortlich war: Nie zuvor nicht auf Vinyl und auf CD auch nicht – gab es diese insgesamt 42 Aufnahmen der Country-Rock-Pioniere in so exzellenter Klangqualität. Einziger Wermutstropfen: Um das Debüt-Album in der ursprünglichen Reihenfolge der Songs genießen zu können, muß man die „Program“-Taste des Players bemühen. Das süperbe Song-Material verteilte man aus kommerziellem Kalkül nämlich wohlweislich über beideCDs. 4,5
Für alle Bewunderer von DUSTY SPRINGFIELD hat derselbe Plattenkonzern jetzt ebenfalls als Doppel-CD „Something Special“ (Mercury 528 818-2) zusammengestellt: ein 48-Song-Menü, das einige ihrer größten künstlerischen Triumphe (nicht notwendigerweise identisch mit den größten Hits!) und gleichzeitig ihrer katastrophalsten Flops bietet. Wegen der reichlich vorhandenen Goffin/King-, Bacharach/David-, Jacques-Brel- und Randy-Newman-Kompositionen ist dies auch preiswerte Doppel-Set alles andere als Archiv-Ausschuß! 3,5
Bei Sony Music bereut man öffentlich und wirklich bitterlich die Todsünden der frühen CBS-CD-Jahre. Darum wird es demnächst alle Aufnahmen der Blues-Legende Robert Johnson in einer klanglich nicht zu Tode entrauschten Remaster-Edition geben. Wie das klappt, kann man aktuell schon an den famos neu überspielten „Lore Songs“ von BILLIE HOLIDAY hören (Columbia 483878 2). Cheftonmeister Mark Wilder prozessierte diese Schellack-Antiquitäten der 30er und frühen 40er Jahre mit so genialischem Händchen, daß Lady Days frühe Aufnahmen von „My Man“, „Night And Day“ oder „You Go To My Head“ besser als je zuvor klingen. 5,0
Raritäten für den fortgeschrittenen Soul-Fan – grandiose wie Lorraine Ellisons „Stay Widi Me“, aber auch ein paar verdientermaßen obskurere – bietet „The Best Of Lloma Records -The Rise And Fall Of A 1960’s Soul Label“ (Warner Archives 9362-45711-2). Einer der größten Fans der besagten Sängerin war Janis Joplin; nur ist deren Interpretation von „Try (Just A Little Bit Harder)“ ungleich affektierter und überrissener als das soul-volle Original! Wie gesagt: eine Fundgrube für alle, die ihre Sammlung von Soul-Antiquitäten bereichern möchten. 3,5
Der schon für das Flying Burritos Bros.-Set in höchsten Tönen zu preisende Sid Griffin erbarmte sich aller NILS LOFGREN-Fans und überzeugte A & M davon, daß er in dessen Retrospektiv-Doppelset „Steal Your Heart“ (540 411-2) unbedingt auch das Promo-Boodeg Jiack It UpH“ komplett bis auf den Song „I Don’t Wanna Know“ bringen sollte. Weil das immer eines der rarsten Sammlerstücke war: 4,5