Replays 1 von Franz Schöler

Mit „The Kinks Are The Village Green Preservation Society“ hatte Ray Davies die erste und vielleicht sogar die artistisch überzeugendste aller sogenannten Konzept-LPs der Rock-Geschichte vorgelegt Spätere Versuche im selben „Genre“ waren leider nicht annähernd so gelungen. „Soap Opern“ und „Schoolboys In Disgrace“ – jetzt im zweiten Vierer-Pack der KINKS-Remaster von VelVel wiederveröffentlicht, markierten gar einen deprimierenden Tiefpunkt in der Karriere dieser Band. Mit dem Wechsel zu einer neuen Plattenfirma und der Veröffentlichung von „Sleepwalker“ (VelVel 79725-2, 3,0 ) und „Misfits“ (VelVel 79726-2, 3,5 ) deutete er zumindest eine Rückkehr zu alter Form an. Aber dies „Hoch“ war nur ein vorübergehendes. Was Kinks-Fans immerhin freuen dürfte: Diese Neuüberspielungen klingen wenigstens so gut wie seinerzeit die vorzüglichen Vinylpressungen der Electrola. Was man vom CD-Remaster des eingangs genannten Meisterwerks ja leider nicht sagen kann.

Was die Remaster-Edition der ersten acht Studio-LPs von QUEEN angeht, die in den Abbey Road-Studios noch mal mit neuestem Hochbit-Equipment überarbeitet wurden, ist der klangliche Mehrwert im Vergleich zu den Electrola-Pressungen der 70er Jahre nicht gerade spektakulär. Das jetzt Jl Night At The Opera“ (EMI TOCP-65104, 4,0 ) als Triumph des Hard-Rock-Bombastes der Mutterband-Wahrheit definitiv am nächsten kommt, hat halt mit den Grenzen der guten alten Lackfolien-Schneidetechnik zu tun.

Einige Jahre aus dem Katalog gestrichen, wurde nun endlich auch die JIMI HENDRIX-Kompilation „Blues“ (Experience Hendrix MCD H060) neuerlich veröffentlicht Mit neuen, leider weniger informativen Liner Notes als zuvor bei der Polydor-CD, dafür wenigstens in der klangtechnisch identischen und komplett hervorragenden Überspielung von Joe Gastwirt. Obwohl „nur“ ein Sampler zusammengestellt aus Studio- und Live-Aufhahmen, ist der Repertoire- und Sammlerwert dieser Kollektion in jedem Fall höher zu veranschlagen als der irgendwelcher „Best OP- oder „Greatest Hits“-Digests des Meisters. 5,0

Daß das sechste und letzte in der Serie von üppigen 4-GD-Box Sets mit den „Complete Sun Singles“ (BCD 15806) in der künstlerischen Ausbeute eines der bemerkenswertesten sein würde, stand natürlich schon bei Beginn dieses leicht monströsen Projektes fest. Denn in seinen letzten Jahren veröffentlichte dieses Indie-Label in Serie etliche seiner besten Hits und Flops überhaupt. Und dokumentiert ist das Ende der Sun Records-Legende selbstverständlich mit jener liebevollen Sorgfalt, die man von Bear Family Records immer erwarten darf. 4,5

Ebenfalls vor kurzem von Bear Family neuerlich vorgelegt und mindestens so empfehlenswert: das 1991 schon mal kurzfristig auf dem Zu-Zatz-Label erschienene „Rock-A-Billy“ von CHARLIE FEATHERS (BCD 16309). Das letzten August gestorbene Kult-Idol des Rock’n’Roll hatte immer nur eine kleine, eingeschworene Fangemeinde. Dabei hielt sich das begnadete Rockabilly-Original immer für den Größten. (Ein Schicksal, das er mit Jerry Lee Lewis teilte.) Womit er allerdings nicht einmal ganz falsch lag. In den Liner Notes würdigt Peter Guralnick liebevoll und einfühlsam diesen geradezu klassischen Prototyp eines „underdog“, von dem auch Colin Escott bedauernd anmerkt, daß der mit seinem Temperament leider der schlimmste Verhinderer der eigenen Karriere wurde. 4,0

Und weil wir bei Mißerfolgskarrieren wie der von Charlie Feathers sind, die tödlich endeten, bleiben wir jetzt auch mal dabei. Eine ähnliche erlebte auch MIKE BLOOMFIELD, immer ab musikalisches Wunderkind gepriesen seit seinen Tagen mit der Butterfield Blues Band. Bob Dylan und The Electric Flag – und dann irgendwie „verheizt“ von CBS mit dem ganzen „Supergroup“-Hype. Das 2-CD-Set, das seinen Rang als Gitarrist angemessen dokumentieren würde, wird es womöglich niemals geben. Mehr ab eine Ahnung davon vermitteln jetzt die Konzertmitschnitte von 1976/77, die nun erstmals aus dem Archiv geholt – unter dem Titel „Live At The Old Waldorf vorliegen (Columbia Legacy 491575 2). Wenn Norman Dayron in seinen Liner Notes hier behauptet, der Mann sein ein „genius“ gewesen, ist das ausnahmsweise mal keine Übertreibung. 4,5

Nicht ganz so genial fand JOHN FAHEY absurderweise das, was er 1963 mit dem Album „Death Chants, Breakdowns and Military Walizes“ eingespielt hatte. Weshalb er zehn der zwölf Kompositionen 1967 noch einmal komplett neu aufnahm und unter identischem Titel wiederveröffentlichen ließ. Auf einer absolut randvollen CD gekoppelt, darf man jetzt beide „Fassungen“ -jede für sich eines von Faheys überragenden Meisterwerken ! – miteinander vergleichen. Anhören und staunen! 5,0

Folk-Idol ANNE BRIGGS – neidlos als eine der Größten ihres Fachs bewundert von Sandy Denny, Jimmy Page, Dick Gaughan und vielen anderen Kolleg(inn)en – sieht ihr 1971 aufgenommenes Album „The Time Hos Come“ (Columbia 491689 2/SMIS-Import) merkwürdigerweise aus eher britisch reservierter Distanz. Dabei ist genau diese Platte das Album, das jeder Folk Music-Kenner von ihr längst im Regal hüten und des öfteren wieder hören sollte! Nicht zuletzt auch, weil’s das jetzt in weit besserer Neuüberspielung ab damals auf LP gibt. 4,0

Unzufrieden war ROBERT WYATT – wie er jetzt zugibt – immer schon mit der Abmischung von „Dondestan“. Nach der Wiederveröffentlichung von „Rock Bottom“ (4,5), „Ruth Is Stranger Than Richard“ (4,0), „Old Rottenhat“ (3,5) und „Hothing Can Stop Us“(3,5) ging er darum ins Studio, um für „Dondestan (Revisited)“ (Hannibal HNCD 1436/RTD) einen kompletten Remix von den Multitracks zu produzieren. Für den Experten. 3,5

Die wohl konkurrenzlos wunderbarste Fundgrube für BYRDS-Fans hat das australische Indie-Label Raven Records vorgelegt: „Byrd Parts“ (RVCD-77) mit dem Untertitel „Oddities, Curios, Rarities & Essentials“ enthält rare und oft genug obskure Aufnahmen von künftigen oder ehemaligen Byrds-Mitgliedern aus den Jahren 1964 bis 1980. Für Fans ist der Sammler-Wert mit mindestens 4,0 anzugeben.

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