Replays 1 von Franz Schöler

Er war der Original-Punk, ein begnadeter Rockabilly-Genius und mit seiner Playback-Technik das Vorbild für JOHN FOGERTY und DAVE EDMUNDS. Mit dem „Summertime Blues“ hatte EDDIE COCHRAN den Teenager-Frust seiner Generation so genau auf den Punkt gebracht wie Jahre später die Stones den ihrer Generation mit „Satisfaction“. Und wäre er nicht am 17. April 1960 fern seiner Heimat (auf dem Wäg zum Londoner Flughafen) bei einem Autounfall ums Leben gekommen, wäre er sicherlich mehr als nur Kult-Idol für Bewunderer wie die WHO oder ROD STEWART, die seine Songs aufnehmen sollten. Die „Very Best Of“-Auslese auf seinem „Memorial Album“ (IRS 8688384) gibt es jetzt erstmals als preiswerte Japan-CD der deutschen Importfirma – für all jene, die nur ein Dutzend der wichtigsten Eddie Cochran-Aufhahmen brauchen. 4,0

Erfinderisch war in vielerlei Beziehung auch ein aus vier Kanadiern und einem US-Amerikaner bestehendes Quintett, das lange Jahre als The Hawks musizierte, kurzfristig als The Crackers firmierte und sich dann in The Band umbenannte. Als solche erfanden sie eigentlich die amerikanische Rockmusik komplett neu zunächst zusammen mit dem Sänger Bob Dylan (das später als „The Basement Tabes“ bekannte künstlerische Resultat zirkulierte umgehend auf ungezählten Bootlegs) und fast parallel dazu mit den unter eigenem Namen veröffentlichten Platten. Die wurden auch von den berühmtesten und eitelsten Kollegen neidlos als Meisterwerke ohne Beispiel anerkannt Bis heute haben weder „Music From Big Pink“ noch „Stage Fright“ und „The Band“ schon gar nicht irgendwelche historische Patina angesetzt. Wieso, demonstriert höchst überzeugend die erste Platte der 3-CD-Anthologie „Across The Great Divide“ (Capitol 789565 2), die man schon deswegen empfehlen muß, weil die sieben „Big Pink“ -Songs besser als auf der Einzel-CD und die vier von „Stage Fright“ mindestens so gut wie auf der sündhaft teuren „Gold“-Ausgabe von DCC überspielt wurden.

Die zweite CD präsentiert eine sehr gute Auswahl vom vierten bis zum achtren Album ( also von Dylans „When I Paint My Masterpiece“ bis zu Aufnahmen des letzten Studio-Projektes Islands“). Auf dem eigentlichen Sammler-Teil des Sets, nämlich der dritten CD mit ihren teilweise unveröffentlichten Raritäten, findet man auszugsweise einen Konzert-Mitschnitt von 1975, der jetzt komplett als „Live At Watkins Glen“ separat auf CD erscheint. In seinen liner notes versteigt sich Chet Flippo am Ende zu der etwas sehr zweifelhaften Behauptung, Dylan habe seine besten Arbeiten gemeinsam mit dieser Gruppe geschrieben und (ein)gespielt. Was bei aller Selbstüberschätzung selbst der eitle Robbie Robertson wohl nimmer behaupten würde. 4,5

In den sehr knapp gehaltenen liner notes zur TINA TURNER-Retrospektive „The Collected Recordings – Sixties Tb Nineties“ (Capitol 829724-2) ist zu lesen, daß Tina lange Jahre ein Sex-Symbol war, bevor sie zu einem „weiblichen Muhammad Ali – mit besseren Beinen“ wurde. Im übrigen füllen die 84 Seiten zu dem 3-CD-Set zahllose Bilder von der Art, die den Jazz-Kritiker der „FAZ“ Anfang der Siebziger in einem Konzert-Verriß zu der Behauptung animierte, die Ike & Tina Turner-Show sei Anmache für sexuell unterernährte GIs und sonst nichts. Ein Unsinn, dem sich die vielen hier zitierten Kollegen von David Bowie über John Fogerty bis zu Phil Spector selbstredend nicht anschließen mögen. Originell kann man die hier getroffene Auswahl allerdings kaum nennen, nachdem sie sich mit etwa drei Stunden Spieldauer auf Tinas populärstes Repertoire seit ihren frühen Hits auf dem Sue-Label beschränkt. 3,5

Eines ferneren Tages wird es womöglich auch von PINK FLOYD einen „Greatest Hits“-Rückblick geben. Vorerst jedenfalls steht das Thema noch nicht zur Debatte, nachdem diese Gruppe von Originalplatten nach wie vor mehr verkauft als die meisten Konkurrenten von ihren Hit-Verschnitten. Und weil das so ist, gibt es diese Bestseller mittlerweile zum dritten oder gar vierten Male neu auf CD überspielt. Entsprechend dem mit Adenauer berühmt gewordenen Politiker-Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“, hat der für das Remastering der teuren „Shine On“-Box verpflichtete Technik-Guru Doug Sax die Aufnahmen noch mal neu überspielt. Selbstverständlich mit klanglich abweichenden Resultaten, was die zentralen Werke wie „Dark Side Of The Moon“ und „Wish You Were Here“ angeht. Wenn man die – hier deutlich abweichenden – Lautstärkepegel angleicht, hört man: Gegenüber den „Shine On „-Remasterings ist der Tiefbaß hier reduziert, während die Höhen heller timbriert erscheinen. Diskutabel, weil als Endergebnis ganz hervorragend, ist das in beiden Fällen. Nur darf man hier nicht mehr hartnäckig nachfragen, was die diversen hier beteiligten Tontechniker unter „Original Klang“ verstehen. Floyd-Fans bleibt da nur die Hoffnung, daß die neusten Versionen von „Dark Side…“ (EMI 8297522) und „Wish…“ (829750 2) eine Zeitlang auch wirklich die „definitiven“ bleiben. 5,0

Das Debüt-Album wie auch die letzte Studioproduktion, bei der Roger Waters dabei war, unterscheiden sich von den früheren CD-Versionen vor allem durch beträchtlich abweichende „Lautstärke“: „The Piper At The Gates Of Down“ (831261 2; 4,5 ) wurde mit dem gerade noch erlaubten absoluten Maximal-Pegel gemastert, „The Final Cut“ (831242; 2,0 ) dagegen verblüffenderweise um etliche Dezibel „leiser“. Eine aufnahmetechnisch phänomenal klingende Produktion ist das aber auch so allemal. Freilich können auch die alten Vinyl-Platten gehört werden.

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