Replays 2 von Bernd Matheja

Mit ein bißchen gutem Willen hätte „The Finer Things“ von STEVE WINWOOD (Island 516860) zugleich eine umfassende Hit-Kollektion werden können. So aber wird die Karriere des Multi-Talents auf vier CDs ohne „Time Seller“, „Mr. Second Class“, „Mulberry Bush“ und – größtes Ärgernis – ohne „Hole In My Shoe“ abgefeiert (letzteren Knüller sparte man offenbar aus, weil der Meister „nur“ Gitarre und Keyboards bedient, nicht aber gesungen hat). 63 Tracks, davon 9mal Spencer Davis Group, 26mal Traffic, 18 Solo-Titel. Dazu je zweimal Powerhouse und Stomu Yamashta’s Go, fünfmal Bund Faith und „Happy Vibes“ von Winwood/Kabaka/Amao (1973). Fazit: unverständliche Unterdeckung in der Früh-Phase, dafür mindestens zehn Traffic-Tracks zuviel. Musikalisch dennoch ein Genuß, aber wegen der kopplungstechnischen Schieflage „nur“ 4,0.

In England unbedeutend, bei uns Dauergäste während der frühen 60er Jahre waren JIMMY & THE RACKETS. Mit „1964-1966“ (GeeDee 270109) liegen jetzt erstmal alle 28 Songs vor, die äußerlich oberbiedere Quartett seinerzeit für Elite Special aufgenommen hatte. Mit „My Soul“ (englische und deutsche Version), „She’s Got It“, „O Mona Lisa“, „Pretend“. Simpel-Beat, allerdings besser gespielt, als es diverse (erfolgreichere) Kollegen taten.

Nach seiner Zeit als Seicht-Pop’n’Roller sattelte RICK NELSON um: Mit der exzellenten Stone Canyon Band lieferte er sieben Jahre lang ebenso gut wie unterbewerteten Country-Rock ab. „Rick Nelson & The Stone Canyon Band 1969-1976“ (Edsel EDCD 417) bietet einen empfehlenswerten Querschnitt durch die Alben jener Jahre, inklusive vier Cover-Versionen von Dylan-Titeln und „Garden Party“. Prima ausgesucht, 20 Titel ohne Duchhänger: 4,0

Fast genauso überzeugend: „No Bad Talk Or Loud Talk“ (Edsel EDCD 418), eine Kompilation von 18 JOE ELY-Arbeiten aus den späten 70er und frühen 80er Jahren. Singer/Songwriter-Werke zwischen zeitloser Outlaw-Knurrigkeit und texanischer Land-Würze. Natürlich mit „Honky Tonk Masquerade“, „Boxcars“, „Musta Notta Gotta Lotta“ und „She Never Spoke Spanish“. 3,5

Nach Auflösung der Yardbirds entschieden sich deren Mitglieder Keith Relf und Jim McCarty für einen stilistischen Neubeginn mit der Band RENAISSANCE: konzertante, auf Folk- und Klassikstrukturen basierende Songgemälde waren das Resultat. Das Angebot auf „Renaissance“ (Repertoire REP 4512, mit zwei Bonus-Tracks) und „Illusion“ (REP 4513) gefällt noch heute. Das dünne Stimmchen von Relf-Schwester Jane entwickelt sogar eine Portion Charme, die den leicht ätherischen Klangbildern nicht einmal schlecht zu Gesicht stand. Für den Erstling 3,0, für die Folge-Scheibe 2,5 .

IRON BUTTERFLY versuchten eine Karriere lang, gegen den übermächtigen Schatten ihres Kult-Titels „In-A-Gadda-Da-Vida“ anzuspielen – vergeblich. Sieben Jahre später, als „Sun And Steel“ (Edsel EDCD 408) erschien, war eine rettungs- und richtungslose Combo übriggeblieben; irgendwo im Niemandsland zwischen halbhartem Rock, MOR-Angebieder und schh’chtem Gedudel. Völlig unbedeutend. 1,0

Auch CANNED HEAT hatten 1973 ihre besten Tage längst hinter sich. „One More River To Cross“ (Repertoire REP 4518) sah die gebetsmühlenartige Rekonstruktion alter Blues- und R 8C B-Muster, angereichert mit ein wenig Blech. Abgenudelte Nummern wie „I’tn A Hog For You Baby“ oder „Shake, Rattle And Roll“ signalisierten: Hier stehen wir und können nicht mehr anders. 2,0

Englands unbemerkteste Top-Songschreiberin und -Sängerin ist KIRSTY MACCOLL. „Galore: The Best Of…“ (Virgin) unterstreicht dies mit nahezu jeder Note. Pop auf Spitzen-Niveau heißt ihre Maxime seit 16 Jahren. Belege: „There’s A Guy, Works Down The Chip Shop, Swears He’s Elvis“, „A New World“, „Free England“ sowie die intensive und doch unauffalige Bearbeitung des Kinks-Juwels „Days“. Keine vordergründig spektakuläre Stimme – aber von sagenhafter Präzision über mehrere Oktaven. Neu entdecken! 4,0

Sehr opulent und doch nicht umfassend (rechtliche Gründe): „The Glam Years“ von GARY GLITTER (Repertoire REP 4430, zwei CDs im Schuber). Beschränkt auf die Jahre 1972 bis 1975, aber ohne den Hit „Papa Oom Mow Mow“. Auch die Hits der Glitter Band konnten nicht verwendet werden. 40 Titel vom Glitzer-Mann sind ohnehin genug. Kult hin, Kult her: Seine Abräumer wirken heute eher wie ein Amüsement aus der Kategorie „Tschingderassabum“. 2,0

GLENN HUGHES, ehemaliger Bassist von Deep Purple, stand ewig in der zweiten Reihe – möglicherweise war seine wahre musikalische Neigung der Grund dafür. Der starke Sänger (was im Gegensatz zu den Herren Evans, Gilian und Coverdale nie gewürdigt wurde) hatte es im Grunde schon immer mit funkigeren Stoffen, stieß damit aber im Gruppen-Verband naturgemäß auf taube Ohren. Hughes Solo-LP „Play Me Out“ (RPM 149) offenbart diese Seite des Engländers. Zehn Titel, dazu vier Extras, eingespielt 1978 bzw. 1994: manchmal Keyboard-lastig, dennoch durchaus hörenswert. 3,0

1970 hatte der spätere Stretch-Sänger Eimer Gantry seine VELVET OPERA zwar schon verlassen, doch auch ohne ihn gelang mit „Ride A Hustler’s Dream“ (Repertoire REP 4531) eine überzeugende LP. 13 Titel auf der Schnittstelle zwischen folkigem Pop der endenden Sixties und minimalen Progressiv-Anflügen des Folge-Jahrzehnts. 3,5

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