REPLAYS2 :: von Bernd Matheja

Viele Alt-Musikanten der 60er und frühen 70er Jahre denken jetzt immer häufiger an nötige Rentengroschen. Sie fleddern ihre Band-Archive und hauen heraus, was nach einem Lied klingt PETE HAM kann und muß das nicht mehr – der Komponist von Badfingers „Baby Blue“, „Without You“, „No Matter What“ hat sich vor 22 Jahren aufgehängt. Seine Nachlaßverwalter bieten jetzt „7 Park Avenue“ (Rykodisc RCD 10349) an, eine Kollektion von 18 mehr oder weniger entwickelten, fast im Alleingang eingespielten Demos. Wer Schund befürchtet, liegt zum Glück falsch. Vor geraumer Zeit wurde das Material durch zwei von Hams Ex-Kollegen technisch sorgfaltig bearbeitet, ohne es zu verfalschen. Das Resultat sind Songs und Pop-Tüfteleien im typischen Badfinger-Sound, den die Endphasen-Beatles manchmal vielleicht gern gehabt härten. Was diese Überbleibsel und Hit-Rohbauten so sympathisch macht, ist ihre Direktheit, ist das Fehlen potentieller Produktions-Verrenkungen und Überdrehungen. Harn war einer der kreativsten Autoren der Frühsiebziger und erhält für diese Fundsachen posthume 3,0

An BREWERS DROOP erinnert sich natürlich wieder kein Aas. Schade eigentlich, denn die englische Combo hatte 1972 mit „Opening Time“ auf RCA eine der gelungensten frühen Pub-Rock-LPs abgeliefert -mit sprühendem Cajun,Folk, Country, Rock. Bis heute ist die von Tom McGuinness (Manfred Mann) produzierte Scheibe nicht recycelt worden. Die spiel-, sauf- und zotenfreudige Kapelle zerfasert schnell, lebte aber in diversen Besetzungen weiter, zu denen ua auch Dave Edmunds und Mark Knopfler gehörten. 1989 erschienen einige leftovers auf CD (darunter kein einziger Track der Original-LP) und verschwanden irgendwann wieder.Jetzt ist das TeiL aufgestockt um vier weitere Titel, neu erhältlich – inklusive Edmunds sowie Knopflers ersten Akkorden, die je auf Tonträger festgehalten wurden. „The Boote Brothers“ (Castle Classics CLACD 428) hat nicht den freundlichen Charme der Ur-LP, geht aber dennoch für 3,0 durch.

Von BILLY SWAN wissen wir, daß er 1974 mit „I Can Help“ einen weltweiten Mega-Seller und wenig später eine sehr appetitliche Schleich-Version von Elvis‘ „Don’t Be Cruel“ abgedrückt hatte. Seine vier Langspielplatten „Billy Swan“, „I Can Help“, „Rock’n’Roll Moon“ und „Four“ dagegen hauten wirklich niemanden vom Hocker. Sie sind jetzt auf den See For Miles-CDs SEECD 470/471 untergebracht worden. 41 Titel, von denen vielleicht 15 als kompakte „Best OP-Zusammenstellung wesentlich intensiver wirken würden. Swans Country-MOR-Rock-Mixtur bleibt über sehr lange Passagen austauschbar; nur wenn er die Kirmesorgel aus „I Can Help“ anwirft, entstehen Andeutungen von Originalität (was aber keine vollen vier Alben trägt). So bleiben denn Swans beste Taten der Hit und die Produktionen von Tony Joe Whites ersten vier LPs. 2,0

Die bis dato beste STEPPENWOLF-Compilation heißt „Silver“ (Repertoire REP 4640). Sie klingt garantiert besser ab alles, was schon auf dem Markt ist, und deckt mit 39 Titeln die Jahre von 1967 bis 1990 ab. Über die klassischen Hits und wirklich herausragenden LP-Tracks (u.a. „Desperation“, „The Pusher“, alles vertreten) muß gar nicht mehr groß geredet werden, sie sind Selbstgänger. Das große Plus der Compilation: Aus den als Ganzes keinesfalls überzeugenden Alben der 80er und 90er Jahre wurden zielsicher die absolut besten Rosinen herausgepickt, sie passen sich überraschend fugenlos in den Gesamtrahmen ein. Kleines Manko: Nur ein einziger Titel von Sänger John Kays beiden Solo-Alben aus den 70er Jahren, das ist einfach zu wenig (da böte sich eine wunderbare „2 on 1″-CD an!). Wer schon eine“.Best Of‘ der Band besitzt, sollte sie gegen „Silver“ austauschen, es lohnt sich. 4,0

1989 starb BOBBY MITCHELL, einer der komplett vergessenen Früh-Stars des New-Orleans-R&B. Hits hatte er keine, dafür aber fuderweise Spitzen-Songs. Mitchell lag stilistisch irgendwo zwischen seinen bekannteren Konkurrenten Smiley „I Hear You Knockin'“ Lewis und Fats Domino, sang allerdings mindestens eine Gehalts-Klasse oberhalb der Genannten. Auf der Doppel-CD (verpackt im LP-Format-Karton plus Buch) „I’m Gonna Be A Wheel Someday“ (Bear Family BCD15961) sind 47 Titel der Jahre 1953 bis 1963 enthalten, auf denen wir renommierten Assen wie Dave Bartholomew, Dr.John und Alvin Tyler begegnen. Mitchell, übrigens gern von Mitch Ryder in den höchsten Tönen gelobt, ist bereits jetzt eine der definitiven Wiederentdeckungen dieses Jahres: 5,0

Immer etwas zu schlecht weggekommen sind JUICY LUCY. Die Briten wurden all zu häufig auf ihre dreckige Rasenmäher-Version von „Who Do You Love“ reduziert. „Pieces“(Repertoire REP 4644) von 1972 war ihre letzte LP, auf der Top-Solisten wie Paul Williams (voc), Micky Moody (g) und Jean Roussell (kb) es etwas ruhiger angehen ließen. Daß die Herren vom Blues-Rock kamen, bleibt deutlich spürbar, dennoch sind die wahren Highlights Balladen wie „All My Life“ und Zoot Moneys „It Ain’t Easy“, 3,0 für eine zeitlose Produktion von Bruce Rowlands (Grease Band).

Zwischen 1956 und 1964 hatten die COASTERS Hochkonjunktur. 18 Top-100-Hits, mit unsterblichen Goldstücken wie etwa „Yakety Yak“, „Charlie Brown“, „Poison Ivy“, „Searchin'“, um nur einige zu nennen, die ihnen das legendäre Songwriter-Duo Jerry Leiber/Mike Stoller auf die Bühnenanzüge komponierte. Das schwarze Quintett aus Los Angeles stand für Klasse-RSiB, der unkopierbar blieb. „Greatest Hits“ (Sequel RSACD 869) kommt mit 24 Tracks, darunter leider nicht alle Chartbreaker, statt dessen aber mit vielen kenntnisreich ausgesuchten Top-Album-Songs der Jahre 1957 bis 1966. Deshalb solide 4,0 für zwei Dutzend Schwitz-Perlen aus den alten, womöglich glücklicheren Tagen der Popularmusik.

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