REPLAYS2 :: VON BERND MATHEJA

Them feat. Van Morrison, starteten ihre krisenreiche Kurz-Karriere im R&B-Club des Belfaster Maritime Hotel“ (verewigt in dem Song „The Story Of Them“), einer ehemaligen Seemannsmission. Dort etablierte sich um 1964 schnell die Szene der nordirischen Hauptstadt – gewürdigt wurde sie noch nie.

Die CD, JBefast Beat, Maritime Blues“ (Big Beat CDWK152/TIS) holt das nach. Wir lernen Bands wie The Wheels (zehn Titel), The Mad Lads, The People, Moses K. & The Prophets und viele andere mit insgesamt 27 Tracks kennen – eine Combo rüder und unbehauener als die andere (Abt Pretty Things, Animals & Co.). Hochinteressant dabei, mal Fremdkapellen mit Them-Titeln („Gloria“, „Call My Name“, „I Don’t You Know“) und diverse Them-Mitglieder in anderen Gruppen zu hören. Es gab lange keine 60’s-Compilation, die dermaßen dicht die lokale Atmosphäre wiedergab (und das nicht nur, weil die Heul-Harmonika aus Them’s „Mystic Eyes“ in edichen Tracks auftaucht). Hervorragende R&B-History, dafür 4,0

Wohl niemand muß sich rund zwei Dutzend CDs von LEO KOTTKE. „Anthology“ (Rhino RZ 72585/-Contraire) anhören, kommt da gerade richtig. 37 Titel, zwischen 1969 für Takoma, Capitol und Chrysalis eingespielt, präsentieren die zwei Seiten des Herrn K.: Hier der unantastbare Weltklasse-Wizard an der klirrenden 12saitigen, der bei Tracks wie „Vaseline Machine Gun“ oder „Busted Bicycle“ das Ohr kaum noch folgen kann. Wie der heute 51jährige Anti-Star mit diffizileren Kompositionen umging, beweisen dagegen ,3ouree“ oder seine exzellente Adaption von Santo & Johnnys Klassiker „Sleep Walk“. Auf der anderen Seite: Kottke, der Mundaufmacher. Ob solo oder mit Band (u. a. dabei: Kenny Buttrey, Albert Lee, Mike Leech, Roy Estrada), stets schieden sich spätestens jetzt an dem Mann aus Athens, Georgia, die Geister. Seine – eigentlich hochangenehm sonore – Stimme hatte im Zusammenhang mit den Songs oft die Ausstrahlung einer weißen Schleiflackkommode. Leo selbst (!) schätzte sein Brummen sogar „tierisch“ ein: „wie Gänsefürze an einem diesigen Tag“. Als ein waschechter Country-Sänger jedenfalls (superb:“Pamela Brown“ von Tom T. Hall!) hätte er Bestnoten reklamieren können, seine Cover-Versionen – mit oder ohne Gesang – sind noch heute so interessant wie umstritten: „Eight Miles High“ (Byrds), „Endless Sleep“ (Nick Löwe), „Embryonic Journey“ (Jourma Kaukonen), „Open Country Joy“ (John McLaughlin), „You Tell Me Why“ (Beau Brummeis). Fazit: Musik, die weitere Jahrzehnte schadlos überdauern wird, mit informativem 30-Seiten-Booklet 4,0

Aus der Obskuritäten-Kiste kommen CORPORAL GANDER’S FIRE DOG BRIGADE. Die Kapelle, ein Vorläufer der Art-Rocker Wind aus Erlangen, veröffentlichte 1970 die LP „On The Rocks“, ein äußerst gefragtes Teil in Krautrock-Zirkeln. Geboten werden derbe Eigenbauten aus einem stilistischen Dunstkreis etwa zwischen Spooky Toodi und Black Sabbath. Gesang: fast überfordert, Lead-Gitarre: wohlig verschmutzt, Schwulstfaktor: gering. Vbn den Cover-Versionen fügen sich „Stealer“ (Free) und „Paranoid“ (Black Sabbath) ordentlich ein. „I Hear bu Knocking“ (Smiley Lewis und Dave Edmunds) allerdings paßt ins Konzept wie Pommes zu Bratkartoffeln. Deutsche Rock-History aus der unbeackerten Ecke: 3,0 (bei Grenn Tree Records GTR/056/TIS).

Shele Pinizzotto, Rosemary Butler, Sherry Hagler und Olivia Favela – wer?! Das Quartett ist fast vergessen. Als BIRTHA sorgten die vier 1972/73 für eine Überraschung (weil’s so ungewohnt war). Sie powerten als erste halbwegs erfolgreiche Frauen-Combo Hardrock raus und kamen dabei ohne Schwanzträger als Dummies aus, die ungenannt den guten Ton besorgten. Das hatten Butha nicht nötig: Gesang aus der Maggie-Bell-Liga (leicht drunter), prima Führgitarre, grundsolide Rhythmusgruppe. Auch große Teile des Repertoires auf den Ws^iirtha “ und “ Can ‚t Stop The Madness “ (jetzt auf Einzel-CD; See For Miles SEE-CD 474/TIS) kamen aus eigener Feder. Alles keinen Deut schwächer als rund 80 Prozent ihrer männlichen Kollegen, gelang den Mädels dennoch der große Break nicht. Spätestens nach einer saudummen PR-Kampagne (JBirtha has balls“ – hö, hö) bekam die Band keinen Stiefel mehr auf den Boden. Von ihrem guten Ruf blieb kaum mehr als der eines Mutmachers für die Runaways &Co. 3,0.

Im „Progressive“-Dickicht der frühen 79er geht die Übersicht schnell mal in die Wicken: Durchschnitt en masse, künstlich hochgehievt allenfalls durch die Tatsache, daß die veröffentlichten Scheiben inzwischen extrem selten geworden sind. Zu den qualitativ wirklich starken Ausnahmen in dem unüberschaubaren Gegniedel zählten WARHORSE, formiert von dem früheren Deep Purple-Bassisten (Alben eins bis drei) Nick Simper. Mit Ashley Holt (voc), Ged Peck (g), Frank Wilson (kb) und Drummer Mac Poole fettigten sie für das Vertigo-Label “ Wmhorse“ (jetzt: RPM 174/Contraire, 3,0 ) und „Warhorse“( RPM175, 4,0 ) zwei Alben, die das Beste der Ur-Purple aufgriffen und dem Geist der Frühsiebziger anpaßten; selbst wenn die Spielzeit einiger Titel die Fünf-Minuten-Grenze überschritt: Nichts uferte in reinen Selbstzweck aus, das Fundament wurde nie abhebend verlassen. CD 1 enthält vier zusätzliche Live-Titel der Studio-LP sowie den „Gründungs-Track“ (Demo) „Miss Jane“. Weitere Leckerbissen für Fans sind die ausführlichen Liner Notes und die Extra-Nummern auf „RedSea“: „Ritual“ (live) sowie fünf qualitativ gute Demos für die geplante dritte LP, die aber nie erschienen ist, weil Warhorse die Arbeit eingestellt hatten. Eine weitere CD mit den Stationen aus Simpers Karriere ist in Vorbereitung; dazu gehörte unter anderen auch eine kaum bekannte, aber interessante Band namens The James Royal Set, die für die BBC (alle Achtung!) einige Rock’n’Roll-Standards abdrückte: Neben Simper waren Albert Lee und Rick Wakeman dabei.

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