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Mit ihren eigenen Bluesund Hardrockern hatten’s die Briten Ende der 60er, Anfang der 70er nicht so sehr. Viele schwärmten aus, um etwa in den USA oder auf dem Euro-Fesdand abzugreifen – Savoy Brown, Ten Years After und Steamhammcr, zum Beispiel. Ein weiteres Beispiel: ROBIN TROWER, dessen erste viel Alben jetzt, kraftvoll remastered, in zwei CDs gepreßt wurden: „Twice Removed Front yhtaxky“/,ßridgeOfSighs“(BGOCD 339) und „For Earth Belwy“/,JLive“ (BGOCD 347/beide T1S), sämtlich aus der Hoch-Zeit zwischen 1973 und 1978. Gitarrist Trower, wie sein Producer Matthew Fisher von Procol Hamm, wurde lange Zeit als reiner Hendrix-Epigone geprügelt – Tinnef! Die Vielzahl seiner schwerblütigen und breitwandigen Slow-motion-Eruptionen läßt den Engländer aus heutiger Sicht streckenweise wie einen Grunge-Vorvater erscheinen: das Werkzeug stets knapp vor dem Schwelbrand, die Songs wie eingedickte Soße, mit Pattex verschnitten. Zudem war Trower ein Sänger (und Bassist) beigeordnet, der in diesem Genre zur unentdeckten Creme zählte: James „Jim“ Dewar (Ex-Stone The Crows), ein Bölker vor dem Herrn, der preß-, quetsch- und knödelfrei zur Bestform auflief, wann immer er die Freßluke öffnete. Die Titelsongs der drei Studio-Alben – „Ballerina“, „Daydream“ und das gnadenlos gute „Twoo Rolling Stoned“ (live) sind noch heute Hardrock-Prachtstücke mit völlig eigener Handschrift. Nur eine Band wie Naked Prey (mit den Erstlingen noch immer nicht auf CD!) kam diesem Stil 15 Jahre später nahe. Zweimal 4,0 für jeweils 78 Minuten Spielzeit (inkl. Lobeshymnen von Robert Fripp!).

„Die wissen langsam auch nicht mehr, was sie noch CD umheben sollen.“ (Volksmund). Da ist was dran. Und hat einen (ungewollten?) Nebeneffekt: Kleine, aktuelle Labels machen sich immer öfter über Ideine, längst beerdigte Label her. Gerd Dietrichs „GeeDee Music“ etwa hat jetzt neue Tiefstausgrabungen von Elite Special, CCA und Storz Records am WickeL Wer beim Resultat auf ein mögliches Umschreiben der Rock History spekuliert, liegt falsch. JRare & Raw Beat Front The Sixties“ (VoL 2 und 4/GeeDee 270 133 und 270137) sind Re-releases für Sammler und gleichzeitig ein Spiegelbild dessen, was sich vor rund 30 Jahren zwischen Flensburg und Bad Tölz abspielte: 48 Notizen aus der Provinz – inszeniert von Eingeborenen und Zugereisten, die hier hängenblieben, weil sie in England oder Holland chancenlos bleiben. Bekanntere Combos wie The Eyes, Mersey 5 oder die Rollicks stehen Obskur-Kapellen wie den Safaris (Paderborn), Saphires (Rheine) oder Lord Crazy (Philipsthal) gegenüber. Wer lauscht, den weht ein Hauch von Punk anno 76 an: jeder durfte mal (3,0, unter musikhistorischen Gesichtspunkten).

Sechs Top-50-Hits halfen nichts: Die FOUR PENNIES aus Blackburn waren weder die Beatles noch die Searchers oder gar die Everly Brothers, sie können eine Art von Zweitliga-Mief nie ganz weglüften. Ihre beiden Original-LPs „2 Sides Of The 4 Pennies“ (mono) und „Mixed Bag“ (stereo) wurden auf einer CD zusammengefaßt (BGOCD 346). Auch das macht ihren (durchaus soliden) Weißkragen-Harmony-Pop-Beat nicht innovativer. Noch ärgerlicher: Fünf der sechs Hits waren nicht auf den LPs, fehlen also hier, u.a. die Nr. 1 „Juliet“. Mehr als 2,0 sind dafür nicht drin.

Seine Band VAN DER GRAAF GENERATOR galt gegen Ende der Sechziger als „abgedreht“ – aus heutiger Sicht eine Lachnummer. Immerhin aber war sie für ihren intellektuellen Vorturner und Sänger Peter Hammill ein ideales Vehikel, um sein spätere Karriere als hochkarätiger Daueraußenseiter einzuleiten. Der Brite ähnelte mit seiner hohen, gern Pseudo-Dramatik vorgaukelnden Stimme David Bowie auf dessen Album-Klassiker „Space Oddity“. Um die rare Single JPeople You Were Going To“/, »Firebrand“ aufgestockt, ist das Graafsche LP-Debüt „The Aerosol Grey Machine“ (Repertoire REP 4647) ein zwar bisweilen effekthaschendes, aber stets Bodenkontakt haltendes Beispiel für dezente, frühe Experimentierfreude aus England, das mit 3,0 angemessen bedacht ist.

Kaum eine andere englische Mode-Erscheinung hatte so viele außergewöhnliche musikalische Eintagsfliegen mit 45 Umdrehungen hervorgebracht wie die Psychedelia: „My White Bicycle“, „Kites“, „Desdemona“, „Children Of The Sun“ etc. – und natürlich „Madman Running Through The Fields“ von DANTALION’S CHARIOT. Die kurzlebige Band um den R&B-Keyboarder Zoot Money und den „Polizisten“ in spe, Andy Summers, nahm es locker mit den heute so umkulteten Gruppen wie Nirvana (UK) oder Kaleidoscope (UK) auf. Aber nach nur einer Single war Schluß, Zoot & Co. waren nurmehr reine Live-Abräumer in London. Jetzt, 30 Jahre später, wurden zehn Titel ausgegraben, die dem damals geplanten Album sehr nahe kommen dürften. Im Angebot ist der definitive englische Psychedelic Sound – mit Glöckchen und Sperenzchen, mit Sitar und (durchgehend) umräucherten Top-Melodien, wie sie perfekter und typischer für das Genre nicht sein könnten. Mit dem Instrumental „The Island“ gelang sogar ein simples kleines Meisterwerk. „Chariot Rising“ (Wooden Hill WHCD 005/Milestone Mailorder) ist eine Pflichtveranstaltung mit 4,0 .

Eine Lücke ist leider nur fast geschlossen: „TheR&B %ars“nämlich von CHRIS FARLOWE (Charly CDRB5/Koch) ist immerhin eine 20-Track-Kopplung. Sie enthält die bislang nicht auf CD umgehobene erste Solo-LP des englischen Kratzhalses. Allerdings: Ein Titel wurde aus unerfindlichen Gründen ausgeklammert. In der Schludrigkeit liegt das generelle Manko der Compilation: Mit einer Ausnahme („Buzz With The Fuzz“/“You’re The One“) wurden Singles und EPs der Frühzeit nicht beachtet Statt dessen findet sich bereits tausendmal verwurstetes Immediate-Material als Bonus-Trackskomplett überflüssig. Für das Miß-Konzept nur: 2,0

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