Ringo Starr – Liverpool 8 :: Sehr, sehr viele Erinnerungen, leider nur wenig Originelles
Mit Liverpool ist es vermutlich wie mit Bielefeld. Es existiert überhaupt nicht. Oder höchstens in Erzählungen. Liverpool etwa kommt nie in irgendwelchen Nachrichten vor, sondern immer nur in den Geschichten, die Johnpaulgeorge&rringo darüber erzählen. Und sie können nicht aufhören damit. Jedes Jahr erscheint eine McCartney-Live-DVD mit Kindheitserinnerungen im Bonus-Material, und Ringo Starr knabbert seit dem Ende der Beatles am alten Knochen Vergangenheit – auch wenn er Interviewern manchmal verbietet, Fragen über die Beatles zu stellen.
Ringos neues Album bei der alten Beatles-Plattenfirma EMI heißt nach dem Stadtbezirk, in dem er seine Kindheit verbrachte: „Liverpools“, doch die Erinnerungen, die er uns im Titelstück über die gute alte Zeit auftischt, hat man auch, wenn man selbst nicht dabei war: „In the USA/ When we played Shea/We were number one/ It was tun.“ Nabokov ist er nicht gerade. Und die „Lalala-Liverpool“-Stadionchöre sind auch eher Kaiser Chiefs als Beatles. Produzent Dave Stewart versucht eh, den Songs mit Synthetik alles Beatleske auszutreiben, während Mark Hudson, der ebenfalls einige der Stücke produzierte, in die entgegengesetzte Richtung ging und die hoppeligen Liedchen in rootsige Arrangements kleidete.
In „Harry’s Song“ erinnert sich Ringo mehr schlecht als recht an seinen Freund Harry Nilsson, zu dem ihm allerdings auch nicht mehr einfällt, als dass er Songs für dich und mich geschrieben hat, in „Pasodobles“ erinnert er sich an ein Mädchen, das seinen Namen nicht sagen wollte (oder hat er ihn nur vergessen?).
Es gibt aber auch Stücke auf dieser Erinnerungsplatte, die man nicht sofort wieder vergessen will. Ganz am Ende. Das beschwingte Spiritual „Crossroads“ etwa über die Sinnsuche in Rishikesh beim Maharishi Mahesh Yogi und „Love Is“, ein an „Good Night“ erinnerndes Kitschstück über die Vergänglichkeit. „Love is here/ Everywhere it’s calling if you hear“, singt Ringo – ob das eine Reminiszenz an die Beatles-Zeit auf der Reeperbahn ist?